Der IWF fordert „Regime“ für Bankenabwicklung

Österreich. Das Wachstum werde schwach bleiben, warnt der Internationale Währungsfonds. Die Regierung dürfe den Budgetpfad aber nicht verlassen. Um künftige Risken zu minimieren brauche es ein Bankeninsolvenzrecht.

Wien/Jil. Was die Angelegenheit der verstaatlichten Hypo Alpe Adria betrifft, bedient sich der Internationale Währungsfonds (IWF) einer bemüht diplomatischen Sprache: Die Hypo sei „eine jener Banken, die uns in Österreich Sorgen machen“, wie es IWF-Expertin Enrica Detragiache am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien formulierte. Der IWF sieht weitere Staatshilfen für die Bank aber nicht als Bedrohung für die Stabilität des heimischen Finanzsektors.

Allerdings: „Auf einen raschen Aufschwung zu hoffen, hat sich nicht ausgezahlt“, so Detragiache. Die Bank werde vor dem Hintergrund weiterhin schwachen Wachstums in Österreich und Europa nicht wertvoller werden für die Republik. Statt einem Schrecken ohne Ende rät der Fonds deshalb zu einem Ende mit Schrecken: Österreich solle verkaufen, was auf dem Markt anzubringen sei und den Rest der Hypo in eine Bad Bank verpacken beziehungsweise abschreiben. „Es ist Zeit, proaktiv zu werden. Auch wenn das höhere Verluste als angenommen bedeutet“, sagte die IWF-Expertin. Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny fügte hinzu, dass Deutschland mit einer Bad Bank gut beraten war. Die Staatsschulden „stiegen zwar auf über 80 Prozent der Wirtschaftsleistung“, dies habe aber keine negativen Auswirkungen auf die Beurteilung der Bundesrepublik durch die Ratingagenturen gehabt, so Nowotny.

Prognose wenig euphorisch

Wo sich OeNB, FMA und IWF am Montag einig waren: Österreich brauche ein „umfassendes Regime für die Abwicklung von Banken“, wie es IWF-Mann Nicolas Blancher ausdrückte. Es solle in Zukunft im Falle einer drohenden Pleite weder zu einem kompletten Bail-out durch den Staat, noch zu einem Totalzusammenbruch des betreffenden Instituts kommen. Ähnliche Überlegungen finden im Zuge der Bildung einer „Bankenunion“ innerhalb der EU statt.

Voraussetzung für ein solches „Regime“ sei eine „im Vorfeld“ finanzierte Einlagensicherung – damit der Staat im Fall der Fälle nicht doch wieder einsteigen muss.

Die generelle Aussicht des IWF für die österreichische Wirtschaft ist wenig euphorisch: „Die Fundamentaldaten sind zwar relativ gesund, aber das Wachstum stagniert und die Erholung wird langsam verlaufen.“ Die IWF-Prognose: ein halbes Prozent Wachstum in diesem Jahr – und 1,5 Prozent 2014. Die Politik müsse sich auf alle Eventualitäten einstellen und dürfe den eingeschlagenen Budgetpfad nicht verlassen, so der IWF. Die zusätzlichen Kosten aus der „Restrukturierung“ der bisher verstaatlichten Banken seien dabei aber zu berücksichtigen – um böse Überraschungen zu vermeiden.

„Relativ leichte Aufgabe“

Österreich sei „overbanked“, was mehr Konkurrenz, niedrigere Margen und höhere Kosten im inländischen Geschäft bedeute. Der FMA sollten wirksamere Instrumente zur Verfügung gestellt werden, so Detragiache. Die zwei weiteren Hauptpunkte des IWF sind die Vereinfachung des Systems der Familienförderung und eine Neuverteilung von Ausgleichszahlungen. Wichtig sei vor allem auch der Ausbau der Kinderbetreuung, um das Arbeitsangebot für Frauen und damit das Wachstumspotenzial Österreichs zu erhöhen. Aus IWF-Sicht sei dies „eine relativ leichte Aufgabe“, so Detragiache.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2013)

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