Ein Chaos, das uns locker zehn Milliarden kostet

Chaos locker zehn Milliarden
Chaos locker zehn Milliarden(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Die Hypo Alpe Adria ist politisch an die Wand gefahren worden – und jetzt werden ihre Reste politisch ruiniert. Ein Trauerspiel – vor allem für die Steuerzahler.

Fest steht: Die „Abwicklung“ der Hypo Alpe Adria wird die österreichischen Steuerzahler im (unwahrscheinlichen) günstigsten Fall noch 4,8 Milliarden Euro kosten, wenn es ganz blöd läuft, können es aber auch 8,3 Milliarden sein. Mit den bereits verbratenen 2,2 Milliarden wären das dann sieben bis 10,5 Milliarden.

Diese Zahlen haben wir uns nicht „aus dem Arsch gezogen“, wie sich noble irische Bankster gelegentlich ein wenig „strange“ auszudrücken pflegen, wenn sie sich unbelauscht fühlen. Sie stammen vielmehr aus einem nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Papier des Finanzministeriums, werden also wohl einigermaßen stimmen.

Bei einem derartigen Schadenspotenzial würde man meinen, dass der Eigentümer (in dem Fall also die Republik Österreich in Gestalt ihres Finanzministeriums) alles tut, um den Schaden für die Steuerzahler möglichst klein zu halten. Der kürzlich erfolgte Rücktritt von Hypo-Aufsichtsratschef Johannes Ditz und die gestrige Demission von Vorstandschef Gottwald Kranebitter deuten aber nicht darauf hin. Eher darauf, dass es einen erbitterten Streit zwischen denen, die wirtschaftliche Notwendigkeiten in den Vordergrund stellen, und jenen, die eher die nächsten Nationalratswahlen im Auge haben, gibt. Und dass die Politik diesen Streit für sich entschieden hat.

Der gestrige Kranebitter-Rücktritt war nämlich keineswegs eine Überraschung. Seit Wochen umschwirren Rücktrittsgerüchte den als Aufräumer in die Kärntner Katastrophenbank geholten früheren Unternehmensberater. Und zwar aus gutem Grund: Wenn einen der Eigentümer so hängen lässt, bleibt einem Manager gar nichts anderes übrig, als den Hut draufzuhauen.

Die Geschichten von Vorstand und Aufsichtsratschef, die – wenn überhaupt – so en passant erfahren, was der Eigentümer mit der Bank vorhat; deren Vorschläge manchmal überhaupt nicht beantwortet werden; denen – Aktiengesetz hin, Aktiengesetz her – im Befehlston „Wünsche“ über Mitglieder einer „Taskforce“ mitgeteilt werden, sind unterdessen ja Legion. Da liegt seit vielen Wochen ein reichlich gestörtes Vertrauensverhältnis vor.

Natürlich steht es einem Eigentümer frei, seine Vorstellungen durchzusetzen. Sollten die Organe der Gesellschaft diesen Vorstellungen nicht folgen wollen, wird es gerade für einen Alleineigentümer auch kein unüberwindliches Hindernis darstellen, diese auszutauschen.

Geschäftsschädigend wird es, wenn sich der Eigentümer zur Methode „Nur keine Wellen“ entschließt, Vorstand und Aufsichtsrat dumm sterben lässt und ihnen stattdessen mit einer Taskforce in die Parade fährt. Da sind Paralyse und Friktion vorgezeichnet.

Dieses Chaosmanagement hat jedenfalls dazu geführt, dass sich die Position Österreichs in Sachen Hypo Alpe Adria gegenüber der drängenden EU-Kommission nicht gerade verbessert hat. Und dass entscheidende Sachen (etwa die Gründung der so oder so kommenden Bad Bank) auf die lange Bank geschoben wurden. Beides verteuert die Hypo-Abwicklung unnötig.

Jetzt, nach dem Kranebitter-Rücktritt, tritt erst einmal Stillstand ein. Der neue Aufsichtsratschef hat ja schon angedeutet, dass er sich mit der Suche nach dem Kranebitter-Nachfolger nicht sonderlich beeilen muss, weil sich vor den Wahlen im Herbst realistischerweise ohnehin nichts mehr bewegen wird.

Danach gibt es dann ein paar Wochen Koalitionsbildung – und dann ist das Jahr um. Das heißt, dass die Bad Bank, auf die Ditz und Kranebitter nicht ohne Grund gedrängt haben, wohl erst 2014 steht – und die Hypo deshalb im nächsten Frühling bei ihrer 2013er-Bilanz das nächste Problem hat. Ist aber eh egal: Die Wahl ist dann vorbei, da fällt die eine oder andere weitere unnötig verbratene Milliarde politisch nicht mehr ins Gewicht.

Das alles überrascht, wenn man die Geschichte von Staatsunternehmen verfolgt, nicht wirklich. Neu ist höchstens, dass jetzt ausgerechnet eine aus einer Unternehmerfamilie stammende Finanzministerin so hart am neuerlichen Beweis arbeitet, dass die öffentliche Hand als Eigentümer eines Unternehmens völlig ungeeignet ist.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2013)

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