Parteichef Spindeleggers Linie gegen die Gesamtschule wird immer öfter konterkariert.
Am Anfang jeder Katastrophe stehen Sätze wie: „Eigentlich kann nichts mehr schiefgehen.“ Das unscheinbare Wörtchen eigentlich sagt eigentlich schon alles. Aus der jüngsten Rede Michael Spindeleggers, als er per Autosuggestion den Sieg am Wahlabend quasi herbeibeten wollte, ist dieser Satz in Erinnerung geblieben. Nur: Wie schlecht kennt der Spitzenmann der ÖVP eigentlich seine Partei? Hat er seine eigentliche Funktion als Außenminister zu ernst genommen und war zu oft auf Dienstreise? Hat er tatsächlich geglaubt, sich über Murphys Gesetz hinwegsetzen zu können? („Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“)
Denn schon am Tag danach hat einer seiner eigentlichen Parteifreunde, Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer jun., dem bestes Einvernehmen mit Spindelegger nachgesagt wird, deutliche Sympathien für eine Gesamtschule gezeigt – und sich gegen die Parteilinie gestellt. Parteilinie? Nun, gegen die offizielle Parteilinie. Haslauer ist ja nicht völlig allein. Vorarlbergs und Tirols Landeshauptmänner haben schon früher (und deutlicher) für die Gesamtschule votiert. Ist das nun die eigentliche Parteilinie? Man muss nicht unbedingt ein politischer Mitbewerber sein, um Spindeleggers Dilemma in der Bildungspolitik mit einem Buchtitel Richard David Prechts zusammenzufassen: Wer bin ich und wenn ja, wie viele?
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2013)