Kärnten: Ein Bundesland will sich rehabilitieren

Bundesland will sich rehabilitieren
Bundesland will sich rehabilitieren(c) ORF (W�rthersee Tourismus)
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Dörfler und Co. haben Kärntens Ruf nachhaltig ruiniert. Die neue Regierung versucht jetzt, dem Land ein besseres Image zu geben.

Pörtschach. Was hat man Kärnten nicht alles angetan? Zuerst kam ein Oberösterreicher und sorgte mit seinem politischen Agieren dafür, dass halb Europa über die „braune Seele“ Kärntens diskutierte. Als Jörg Haider mit 142 km/h aus dem Leben schied, gaben seine Nachfolger dem Bundesland den Rest. Vier Jahre genügten, und die Herren des BZÖ, später der FPK, jetzt wieder der FPÖ – man hat ein wenig den Überblick verloren – machten Kärnten zum größten Witz Österreichs.

Man muss gar nicht anfangen bei tausenden bestellten Uhren, hoch subventionierten Spaßveranstaltungen oder „Part of the game“-Deals, man muss nur drei Namen erwähnen: Gerhard Dörfler, Harald Dobernig, Uwe Scheuch. In den paar Jahren, die sie im Land dilettieren durften, haben sie unter anderem die Landesverschuldung auf vier Milliarden Euro hochgetrieben, mit Haftungen dafür gesorgt, dass der österreichische Budgetplan wegen einer größenwahnsinnig gewordenen Landesbank zur Makulatur wird und mit ihrem persönlichen Agieren sichergestellt, dass ganz Österreich „die Kärntner“ für ziemliche Dodeln hält.

Was ist dem Bundesland geblieben? Eigentlich nur der Wörthersee, der an diesem Sommertag schön wie gemalt vor Pörtschach liegt. Die Industriellenvereinigung hat zum Jahresempfang geladen und nützt den, um Journalisten „ein anderes Bild von Kärnten zu zeigen, als man es durch die Medien derzeit kennt“, wie IV-Chef Christoph Kulterer erklärt.

Das Anliegen genießt überparteiliche Unterstützung. SPÖ-Finanzlandesrätin Gaby Schaunig ist gekommen, ÖVP-Landesrat Wolfgang Waldner, Rolf Holub von den Grünen und auch Monika Kircher, Vorstandsvorsitzende von Infineon Österreich, soll Gutes über Kärnten sagen. Es gäbe vieles: Der Schwung, mit dem die neue Regierung die Probleme angeht; die neue Art der Zusammenarbeit, die alle Parteien – na ja, fast alle – einschließt; die Investitionen in Bildung und die internationale Schule.

„Wir sind die Imagekampagne“

Noch immer steht aber die jüngere Vergangenheit im Mittelpunkt. „Es ist nicht sehr lustig, wenn man international auf Kärnten angesprochen wird“, erklärt Kircher. „Man gewöhnt sich daran, aber schöner wäre es, wenn man etwas Positives diskutieren könnte.“ Etwa die Führerschaft Kärntens bei Forschung und Entwicklung oder die 500 Millionen Euro, die Infineon in den vergangenen zwei Jahren in dem Bundesland investiert hat.

Aber so sind die Menschen, sie sprechen auch nicht über das schöne Wetter, sondern nur über das Hochwasser. Ob man nicht eine massive Imagekampagne benötigen würde mit Inseraten und TV-Spots? „Wir sind die Imagekampagne“, erklärt Waldner lachend. Für Schaunig ist es noch zu früh – nicht, weil man noch gar nicht alle Skandale aus der Ära der Vorgänger kennt, sondern aus Gründen der Politikhygiene: „Wir müssen erst einmal klarmachen, wie wir das Land positionieren, welche Inhalte und Schwerpunkte es gibt, dann kann man über eine Imagekampagne nachdenken. Verpackung ohne Inhalt hat es in den vergangenen Jahren genug gegeben.“

Unangenehm sei aber zweifellos, wenn man „ständig Dinge verteidigen muss, mit denen man wirklich nichts am Hut hatte“, sagt Schaunig. „Ein ganzes Land wird in Geiselhaft genommen wegen dem, was ein paar getan haben.“ Bitte, wirft Kulterer ein, man möge in der Berichterstattung differenzieren und nicht pauschal „die Kärntner“ schreiben.

Die Kärntner, also die positiven, versammeln sich inzwischen auf der Terrasse des Hotels Werzer's. 400 Industrielle sind gekommen, kein einziger mit dem Motorboot, wie sonst öfter bei Veranstaltungen der anderen Kärntner, also der negativen. Da gab man gerne damit an, dass man sich die 350.000 Euro für eine Motorbootlizenz am Wörthersee leisten kann. Oder dass man jemanden kannte, der einem eine Lizenz verschaffen konnte.

Tourismus ist natürlich das Stichwort. So lange Kärnten einen Wörthersee hat, könnte es wahrscheinlich auch noch eine Amtszeit Dörfler II verkraften. Nicht dass man es ausprobieren will, außerdem werde „die schöne Landschaft allein unser Land nicht zukunftsfit machen“, meint Schaunig. Dafür bedürfe es eines harten Kampfs gegen das negative Triple A – „Arbeitslosigkeit, Armut, Abwanderung“ – mit dem positiven Triple I: „Innovation, Investition, Internationalität“. Waldner jedenfalls will am Tourismus Vorbild nehmen. So gastfreundlich, wie man den Touristen gegenüber sei, müsse Kärnten generell werden. „Diese Willkommens-Kultur brauchen wir auch für Investoren.“

Für Touristen selbst reicht derzeit der Wetterbericht. „Ach, wissen Sie“, erklärt eine deutsche Urlauberin am Strandbad, „die ganze Politik interessiert mich ja nicht so, ich interessiere mich mehr für die Temperatur des Wörthersees.“

Dafür interessieren sich Kircher und Waldner an diesem Abend auch. „Ich bin heuer noch nicht einmal im See schwimmen gegangen“, klagt Waldner. „Gehen wir doch! Ich hab den Badeanzug mit“, flüstert Kircher zurück. Es sagt viel über Kärntner, dass auch Waldner die Badehose im Auto hat. Und so schwimmen der Landesrat und die Vorstandsvorsitzende unbemerkt von den noblen Gästen eine schnelle Runde im Wörthersee. Perfekter könnte man eigentlich für die Kärntner Symbiose aus Wirtschaft, Politik und Spaß nicht werben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2013)

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