Der Masseverwalter geht von einer Reduktion der Filialen aus, die Justiz ermittelt wegen des Geldkoffers. Mehrere Sanierungskonzepte sollen vorliegen.
Wien/Es/Eid. Wenn man Rudolf Haberleitner, Geschäftsführer der insolventen Handelskette Dayli, und Masseverwalter Rudolf Mitterlehner zuhört, könnte man glauben, sie sprächen von zwei verschiedenen Firmen. Während Haberleitner im ORF („ZIB 2“) betonte, er wolle „an allen Standorten festhalten“ und sogar von 774 auf 1300 Standorte aufstocken, meinte Mitterlehner am Freitag zur „Presse“: „Es werden wahrscheinlich relativ kurzfristig Filialen geschlossen.“ Spätestens Ende nächster Woche müsse klar sein, ob und wie das Unternehmen weitergeführt werden könne. Es würden mehrere Sanierungskonzepte vorliegen, die in den nächsten Tagen durchgerechnet werden müssten, so Mitterlehner.
Auch Haberleitners im Insolvenzantrag präsentierte Idee, Dayli in ein Franchisesystem überzuführen, stößt auf große Skepsis. Hania Bomba-Wilhelmi vom Marktforschungsinstitut Regioplan hält diesen Vorschlag für problematisch: „Da geht es darum, das Risiko auf die Mitarbeiter abzuwälzen.“ Ein Franchiseplan allein sei kein Sanierungskonzept. Im Gegenteil: „Dafür brauche ich ein unglaublich gut durchdachtes Konzept als Grundlage, mit einem deutlichen Kundennutzen.“ Das Konzept von Dayli, in kleinen Gemeinden mit wenig Umsatzpotenzial eine „Aneinanderreihung von Dienstleistungen“ anzubieten, hält sie für nicht tragfähig. Den Mitarbeitern von Dayli, die überlegen, eine Filiale als Franchisepartner zu führen, biete Regioplan deshalb zu Selbstkosten eine Analyse an, ob sich das lohne.
Falsch verstanden
Masseverwalter Mitterlehner glaubt, dass Haberleitner falsch verstanden worden sei. Das Franchisekonzept sei nicht kurzfristig als Sanierungsmaßnahme geplant, sondern Teil eines längerfristigen Businessplans.
Bei Dayli wurde am Freitag der Betriebsratsvorsitzenden Ezter Udvardy das Vertrauen entzogen. Gertrud Pronegg ist neue Vorsitzende. Bisher hat der Betriebsrat die Kooperation mit der Gewerkschaft GPA-djp strikt abgelehnt. Diese Blockadepolitik sei nicht mehr tragbar gewesen, hieß es bei der Gewerkschaft.
Die Staatsanwaltschaft Wels hat indes die Ermittlungen im Zusammenhang mit dem verschwundenen Geldkoffer mit einer Mio. Euro, mit der Haberleitner in Italien einen Investor zum Einstieg bei Dayli bewegen wollte, aufgenommen („Die Presse“ berichtete). „Wir haben Haberleitner und eine zweite Person, die in das Geschäft involviert war, einvernommen“, sagte der Sprecher der Behörde, Christian Hubmer, zur „Presse“. Weitere Personen, die ebenfalls in Italien dabei gewesen sein sollen, würden nächste Woche befragt. Außerdem werte man Unterlagen aus, die man von der italienischen Polizei erhalten habe. „Wir wollen aber auch klären, woher die Million stammt.“ Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch einen Anlassbericht des Landeskriminalamts Oberösterreich, das aufgrund der Medienberichte über den Geldkoffer tätig geworden ist. Darin ist vom Verdacht auf Bildung einer kriminellen Vereinigung und auf schweren Betrug die Rede. Er richte sich vorerst nicht gegen Haberleitner.
Auf einen Blick
1340 Gläubiger. Über die Drogeriekette Dayli wurde am Freitag offiziell ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet. Neben den 3468Beschäftigten sind rund 950Vermieter und 1340 weitere Gläubiger betroffen. 414 Dienstverhältnisse wurden bereits aufgelöst oder enden demnächst. Die Überschuldung soll sich auf rund 50 Mio. Euro belaufen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2013)