Experten rechnen kurzfristig mit einer Zinssenkung

Die EZB lässt den Leitzins bei 0,5 Prozent. Ökonomen schließen eine weitere Senkung nicht aus.

Frankfurt/Bloomberg/Red. Vergangenen Donnerstag hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins für die Eurozone bei 0,5 Prozent und damit auf einem historischen Tief belassen. Anders als die US-Notenbank Fed (in den USA liegen die Leitzinsen in der Spanne zwischen null und 0,25 Prozent) haben die Europäer noch Potenzial nach unten. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dieses ausschöpfen, bevor sie zu einem neuen Zinserhöhungszyklus ansetzen, ist nicht gering. Volkswirte sehen eine gestiegene Wahrscheinlichkeit für Zinssenkungen in diesem Jahr, nachdem EZB-Präsident Mario Draghi erklärt hat, die Zinsen würden für einen längeren Zeitraum niedrig bleiben.

Bei der Bank of America Merrill Lynch rechnet man mit einem enttäuschenden Kreditwachstum, solange die EZB die Prüfung der Bankbilanzen nicht abgeschlossen hat. „Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die EZB im Jahresverlauf die Zinsen senken muss“, schreibt Volkswirtin Laurence Boone. Auch bei Barclays sieht man eine gute Chance für weitere EZB-Maßnahmen, darunter eine Senkung des Hauptrefinanzierungssatzes um 0,25 Prozentpunkte, schrieben Volkswirte unter Leitung von Philippe Gudin.

Wirtschaftsdaten entscheidend

Für die Experten der Commerzbank ist die Wahrscheinlichkeit für eine weitere Zinssenkung noch nicht deutlich gestiegen. „Frühindikatoren werden eine wichtige Rolle spielen“, schreibt Chefvolkswirt Jörg Krämer. Doch zwei oder drei Monate mit schwachen Daten dürften ausreichen, um Zinsen zu senken, auch ein negativer Einlagensatz sei nicht vom Tisch.

Die UBS sieht keine große Hürde für weitere Zinssenkungen, auch wenn es wahrscheinlicher sei, dass die EZB die Zinsen für absehbare Zeit unverändert lassen wird, schreiben Ökonomen unter Führung von Reinhard Cluse. „Die EZB wird nicht zögern, die Zinssätze einschließlich des Einlagensatzes erneut zu senken, wenn die Daten zu Stimmung und Wirtschaftsaktivität nicht besser werden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2013)

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