„Millionärssteuer leichter mit den Grünen umzusetzen“

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bdquoMillionaerssteuer leichter Gruenen leichter(c) Clemens Fabry
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Finanzstaatssekretär Andreas Schieder will den Eingangssteuersatz „massiv“ senken, ein weiteres Sparpaket schließt er aus. Ab Herbst wäre er gern Minister.

Die Presse:Die SPÖ will die Lohnsteuer reformieren und Arbeitseinkommen um drei Milliarden Euro entlasten. Für die Gegenfinanzierung soll eine sogenannte Millionärssteuer sorgen. Die Details sind Sie bisher schuldig geblieben. Auf welche Steuersätze läuft der Plan hinaus?

Andreas Schieder: Von dieser Reform sollen vor allem Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen profitieren. Das hätte auch volkswirtschaftliche Effekte: Wenn die Leute mehr Geld ausgeben, wächst die Wirtschaft. Wir rechnen mit 10.000 neuen Jobs. Die Steuersätze hängen letztlich vom Gesamtvolumen ab.

Aber Sie haben das Volumen bereits genannt: drei Milliarden Euro. Dahinter muss es doch eine Rechnung geben.

Natürlich gibt es Berechnungen hinter diesen Überlegungen. Aber ich werde hier sicher keine Details verlautbaren.

Glauben Sie nicht, dass es ein bisschen nach Wahlkampf- bzw. Klassenkampfschlager klingt, wenn man eine Steuerreform fordert, aber kein Konzept vorlegen will oder kann?

Ich hoffe sogar, dass aus unseren Vorschlägen ein Wahlkampfschlager wird. Außerdem gibt es ja ein Konzept.

Es gibt Überschriften. Mehr nicht.

Wir haben jetzt einmal die Zielgröße definiert, nämlich ein Prozent des BIPs oder drei Milliarden Euro. Der Rest sind Detailfragen, die wir nach der Nationalratswahl den Experten überlassen sollten – zum Beispiel einer Steuerreformkommission, die sich aus Ministeriumsbeamten, Steuerberatern und Interessenvertretern zusammensetzt.

Der Eingangssteuersatz liegt derzeit bei 36,5Prozent. Finanzministerin Maria Fekter liebäugelt mit 25Prozent. Ist das auch für die SPÖ vorstellbar?

Vorstellen kann ich mir das schon. Aber ich will mich nicht auf eine Zahl festlegen. Ob wir am Ende bei 25, 28 oder 30Prozent landen, werden wir sehen. Deshalb sage ich nur: Massiv runter mit dem Eingangssteuersatz!

Auch mit dem Höchststeuersatz?

Den will ich dort lassen, wo er ist: sowohl bei 50Prozent als auch bei einer Bemessungsgrundlage von über 60.000 Euro. Aufgrund der Sonderbesteuerung des 13. und 14.Gehalts haben wir sowieso eine Grenzsteuerbelastung, die unter 50Prozent liegt.

Die Millionärssteuer soll ab einem Nettovermögen von einer Million Euro greifen. Ich nehme an, Sie werden uns auch hier keine Steuersätze verraten.

Ich will mit jenen, die die Millionärssteuer verhindern wollen, im Wahlkampf nicht über Zehntelprozentpunkte diskutieren.

Was fällt eigentlich alles unter den Überbegriff Millionärssteuer? Nur Vermögenssubstanzen – oder auch Erbschaften und Schenkungen?

Alle drei Bereiche. Auch Erbschaften und Schenkungen jenseits der Million Euro netto sollten besteuert werden. Ausnahmen sind in unseren Plänen für Erben von kleinen und mittleren Unternehmen vorgesehen.

Welche Dinge des täglichen Gebrauchs müssten als Vermögen beim Finanzamt deklariert werden? Schmuck vermutlich schon.

Ausgenommen wäre der Hausrat, also jene Dinge, die man zum täglichen Leben braucht. Dazu zählt etwa auch normaler Schmuck.

Und eine Immobilie, in der man wohnt?

Wenn das Haus oder die Wohnung mehr als eine Million Euro netto wert ist, ist der Besitzer steuerpflichtig. Ich möchte aber schon betonen, dass 99Prozent der Österreicher von Millionärssteuern nicht betroffen wären.

Mit welcher Partei bzw. in welcher Koalition wären diese Pläne umsetzbar?

Mit den Grünen wäre eine Millionärssteuer sicher leichter umzusetzen als mit der ÖVP. In anderen Bereichen verhält es sich dafür umgekehrt.

In welchen anderen Bereichen?

Bei allem, was die Unterstützung von Unternehmen betrifft, zum Beispiel.

Ist die Millionärssteuer eine Koalitionsbedingung der SPÖ?

Mein Aufgabe ist es, Konzepte zu erarbeiten – und nicht, Bedingungen zu formulieren.

Aus der SPÖ hört man, dass zumindest die Erbschafts- und Schenkungssteuer ein Must-have ist. Stimmt das?

Verhandelt wird nach der Wahl.

Woher soll man dann wissen, dass es sich bei Ihren Steuerplänen nicht bloß um einen Wahlkampfgag handelt?

Sind nur Bedingungen ernsthafte Vorschläge? Wenn alle Parteien in ihren Positionen festgefahren sind, werden wir keine Regierung zusammenbringen – es sei denn, eine Partei erhält die absolute Mehrheit.

Das ist aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich.

Deshalb brauchen wir eine andere Vorgangsweise. Eines kann ich Ihnen aber versichern: Die Steuerrefompläne werden ein Toppunkt der SPÖ im nächsten Regierungsprogramm sein.

Diese Steuerreformpläne sind aufkommensneutral. Wie sollen die enormen Staatsschulden in der nächsten Legislaturperiode abgebaut werden? Wir halten derzeit bei 231 Milliarden Euro oder 74,2Prozent des BIPs. Die Vorgabe der EU sind 60 Prozent.

Da gibt es einen Budgetplan, der genau festlegt, wie wir da runterkommen. Zum einen werden wir ab 2016 ein ausgeglichenes Budget haben. Zum anderen gehen wir von einem Wirtschaftswachstum in den kommenden Jahren aus. Beides wird die Staatsschulden reduzieren.

Das ist ziemlich optimistisch. Schließen Sie ein weiteres Sparpaket aus?

Ich gehe davon aus, dass unser Plan hält.

Die ÖVP sieht weiteren Handlungsbedarf im Pensionssystem. Vizekanzler Michael Spindelegger ist der Meinung, dass das faktische Pensionsantrittsalter durch die bisherigen Reformen – zum Beispiel die verschärfte Invaliditätspension – um nicht einmal ein Jahr angehoben werden könne. Das sei zu wenig.

Die Statistik zeigt, dass die Maßnahmen, die wir in den vergangenen fünf Jahren eingeleitet haben, greifen. Das faktische Pensionsantrittsalter wird in den nächsten Jahren sukzessive ansteigen. Daher sehe ich diesen Handlungsbedarf nicht.

Würden Sie in der nächsten Regierung gern zum Finanzminister aufsteigen?

Ich würde meine Arbeit gern fortsetzen – als Minister hat man natürlich größeren Handlungsspielraum. Aber das wird erst nach der Wahl zu entscheiden sein.

Es gibt auch das Gerücht, dass Sie nach der Wahl in die Wiener Stadtregierung wechseln könnten. Im Gegenzug soll Ihre Lebensgefährtin, Sonja Wehsely, Gesundheitsministerin werden.

Ich beteilige mich nicht an dieser Art von Personalspekulationen. Ich versuche, meine Arbeit gut zu machen. Das ist auch die Garantie für alles andere.

Zur Person

Andreas Schieder (SPÖ) ist seit Dezember 2008 Staatssekretär im Finanzministerium. Davor war er Staatssekretär für den öffentlichen Dienst. Kanzler Alfred Gusenbauer hatte ihn im Juli 2008 in die Bundesregierung geholt. Schieder kommt aus der Wiener Stadtpolitik, dazwischen war er außenpolitischer Sprecher der SPÖ im Nationalrat. Privat lebt der 44-Jährige mit der Wiener Gesundheitslandesrätin, Sonja Wehsely. Das Paar hat einen Sohn.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2013)

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