Die Statistik Austria hat keine „Studie“, sondern eine „Auswertung“ über Einkommensmobilität verfasst.
Wien/Gh. „Der soziale Aufstieg gelingt oft“, titelte „Die Presse“ am Mittwoch und berichtete darüber, dass Menschen mit niedrigen Einkommen in Österreich oft den Aufstieg in Richtung Mittelschicht schaffen. Von jenen Menschen, die im Jahr 2000 zu den untersten zehn Prozent der Gehaltspyramide zählten, schafften drei Viertel bis 2011 einen finanziellen Aufstieg. Nur die wenigsten der unselbstständig Beschäftigten verharren über einen längeren Zeitraum in ihrem Einkommensdezil. Die hohe Mobilität der Einkommen von Arbeitnehmern sei in einer „Studie der Statistik Austria im Auftrag der Industriellenvereinigung“ ausgewiesen, wurde berichtet.
Dieser Formulierung widerspricht die Statistik Austria. „Statistik Austria legt Wert auf die Feststellung, dass die zitierte Studie von Statistik Austria in dieser Form nicht existiert. Was die Industriellenvereinigung bei Statistik Austria in Auftrag gegeben hat, war eine Auswertung von Lohnsteuerdaten in Bezug auf die Dezilsmobilität. Die Interpretation und Darstellung der Zusammenhänge liegen daher, ebenso wie Zeitpunkt und Form der Veröffentlichung, ausschließlich in der Verantwortung der Industriellenvereinigung.“
Für Clemens Wallner, wirtschaftspolitischer Koordinator der Industriellenvereinigung, zeigt die „Auswertung“, dass hierzulande „niemand in der Armut gefangen ist“. Eine Interpretation, die die Statistik Austria nicht teilt. Die „Auswertung“ beziehe sich auf Menschen in Beschäftigung, nicht auf jene, die während des Betrachtungszeitraums arbeitslos wurden. Eine Schlussfolgerung in Richtung Armut sei problematisch, meint die Statistik Austria.
Die „Auswertung“ belegt, dass die Einkommensschere entgegen landläufiger Meinung nicht aufgeht. Denn während Bezieher niedriger Einkommen großteils den sozialen Aufstieg schaffen, sind Arbeitnehmer der Mittel- und Oberschicht eher mit Einkommensverlusten konfrontiert.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2013)