Die Patienten leiden unter dem Kampf der Institutionen.
Was muss passieren, damit ein Mediziner nicht mehr praktizieren darf? Antwort: Erschreckend viel, und offenbar reicht nicht einmal das. In einer Wiener Arztpraxis wurden 16 Frauen durch die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen so schwer verletzt, dass sie ins Spital mussten. Die Unfähigkeit/Sorglosigkeit der Ärztin war in Fachkreisen länger bekannt, man hatte dafür sogar einen eigenen Begriff. Nur die Öffentlichkeit, die Patienten, bekamen von alledem wenig mit.
Im Anlassfall mag das Schweigen, auch der Betroffenen, mit der Natur des Eingriffs zu tun haben. Doch das Problem geht weit darüber hinaus: Bei der Kontrolle der ärztlichen Behandlungsqualität klafft nämlich eine Lücke, und keine kleine. Da hilft es nicht, dass die Hygiene in den Arztpraxen zweifach kontrolliert wird – von der Wiener MA 40 sowie der Österreichische Gesellschaft für Qualitätssicherung (ÖQMed), einer Ärztekammer-Tochter. Beim Wesentlichen, den Fehlern in der Behandlung, herrscht dagegen Zurückhaltung. Da wird man nur bei strafrechtlich angezeigten Fällen tätig. Hinweise der Patientenanwaltschaft zählen bei der Kammer offenbar erst nach hartnäckiger Wiederholung.
Wobei die jetzige Causa Teil des politischen Tauziehens ist: zwischen Ärztekammer und Gesundheitsminister, Patientenanwalt und ÖQMed. Erst jüngst hat es da gekracht. Doch muss das die Patienten kümmern? Für sie zählt nicht, wer kontrolliert, sondern ob sie – ohne Insiderwissen und Bewertungen auf Online-Foren – auf die Qualität der Ärzte vertrauen können. Dass das im Machtgerangel wenig zählt, ist ein Organversagen. Ein multiples.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2013)