ÖBB-Bedienstete: OGH sieht mögliche Diskriminierung

ÖBB-Bedienstete
ÖBB-Bedienstete(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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ÖBB-Bedienstete könnten bei der Anrechnung von Vordienstzeiten EU-widrig benachteiligt sein. Der Oberste Gerichtshof befragt nun den EU-Gerichtshof.

Wien. Die nach Unionsrecht verbotene Diskriminierung aufgrund des Alters kann auch auf eine Benachteiligung in der Jugend zurückgehen. Darüber klagt ein ÖBB-Bediensteter, der sich bei der Berechnung des für seine Entlohnung wichtigen Vorrückungsstichtags benachteiligt sieht. Denn Lehrzeiten, die er vor seinem 18. Geburtstag hinter sich gebracht hatte, wurden ihm nicht angerechnet. In einem Prozess um die richtige Einstufung beim Gehalt hat nun der Oberste Gerichtshof (OGH) den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg um die Vorabentscheidung ersucht, was unionsrechtlich gilt.

Die Vorgeschichte: Der EuGH hat 2009 in dem aus Österreich stammenden Fall „Hütter“ (C-88/8) entschieden, dass das Vertragsbedienstetengesetz EU-widrig war. Dieses schloss die Berücksichtigung von Vordienstzeiten aus, die vor Vollendung des 18.Lebensjahres zurückgelegt wurden. Der EuGH erkannte darin eine Diskriminierung aufgrund des Alters. Das Vertragsbedienstetengesetz wurde daraufhin, ebenso wie das Bundesbahngesetz und einige weitere Bestimmungen, geändert. Und zwar auf eine Weise, die der Innsbrucker Arbeits- und Sozialrechtsprofessor Gustav Wachter rundweg als „schlitzohrig“ bezeichnete (so im „Rechtspanorama“ vom 29.April 2013).

Neues System, altes Ergebnis

Zwar werden nach dem neuen System die Vordienstzeiten der unter 18-Jährigen berücksichtigt; zugleich wurde aber der Zeitraum bis zur Vorrückung in die nächste Gehaltsstufe vergrößert. Unterm Strich kam damit für den Einzelnen also nicht mehr heraus.

Der ÖBBler wollte das nicht hinnehmen. Er verblieb freiwillig im alten System und unterließ es, seine Lehre dem Dienstgeber als Vordienstzeit bekannt zu geben. Stattdessen verlangte er auf Basis des selbst ermittelten Vorrückungsstichtags, aber ohne Berücksichtigung des neuen Vorrückungszeitraums, die Gehaltsdifferenz nachgezahlt zu bekommen.

Der OGH bezweifelt zwar, dass dem von einer Alterdiskriminierung Betroffenen zwingend ein solcher Ausgleich in Geld eingeräumt werden muss; der Gerichtshof lässt vielmehr erkennen, dass ihm der gewählte Weg, ein diskriminierungsfreies Vorrückungssystem ohne finanzielle Besserstellung einzuführen, zulässig erscheint. Um sicherzugehen, fragt er aber den EuGH, ob der es genauso sieht (8 ObA 20/13v). Außerdem will der OGH wissen, was davon zu halten ist, wenn sich ein Mitarbeiter weigert, mit Informationen an der Neuberechnung des Vorrückungsstichtags mitzuwirken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2013)

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