Mit Obama taucht der „old fashioned“ Rassismus wieder auf.
Wien/Duö. Wenn man sich seinen Nachbarn aussuchen könnte, wie wichtig wäre dann seine Herkunft? In Indien und Jordanien sehr: Über 40 Prozent der Befragten gaben hier an, dass sie sich keinen Nachbarn einer anderen Ethnie wünschen. Für die Studienautoren des „World Value Survey“ (Mai 2013) ist das ein Indikator, dass man es mit einer wenig toleranten Gesellschaft zu tun hat. Und tolerant sind laut dieser weltweiten Studie vor allem Länder wie Großbritannien, Kanada und die USA (hier gaben 3,8 Prozent an, dass sie keine Nachbarn einer anderen Ethnie wollen).
Auch wenn das Einwanderungsland USA im internationalen Vergleich tolerant ist – Rassismus ist in den gesellschaftlichen Strukturen noch immer vorhanden, wie zahlreiche Studien und Umfragen belegen. Dabei ist bemerkenswert, dass der Rassismus gegenüber der afroamerikanischen Bevölkerung mit Barack Obama, dem ersten schwarzen Präsidenten, zugenommen hat: Einer Umfrage vom vergangenen Jahr zufolge (Associated Press) ist der explizite Schwarzen-Rassismus in den vergangenen Jahren von 48 Prozent auf 51 Prozent gestiegen. Dass während seiner ersten Amtszeit unwahre Gerüchte aufkamen, Obama sei Muslim und eigentlich Ausländer, aber auch Cartoons verbreitet wurden, die den Präsidenten als Affen zeigen, werten die Studienautoren als Indikator für diesen Schwarzen-Rassismus. Und diesen finde man sowohl in den Reihen der Republikaner als auch bei den Demokraten.
Hinzu kommt, analysiert Michael Tesler von der Brown University, dass seit dem Amtsantritt Obamas jene Art von Rassismus wieder Einzug gehalten hat, den er „old fashioned“ nennt („The Journal of Politics“, Jänner 2013). Im Gegensatz zu den „neuen“ Rassisten sind diese von der biologischen Überlegenheit der Weißen überzeugt, während die Schwarzen für die „neuen Rassisten“ nicht in der Lage sind, amerikanische Werte wie Individualismus und Arbeitsmoral zu vertreten. Obama bietet laut Tesler eine Projektionsfläche für beide, wenn sie einerseits glauben, Obama könne den Intellekt für die Arbeit als Präsident nicht aufbringen, und andererseits fantasieren, Schwarze hätten zu viel Macht und Einfluss in Amerika.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2013)