Olympia: Das Gespenst der "Boykottspiele"

Olympia Gespenst Boykottspiele
Olympia Gespenst Boykottspiele(c) EPA (MAXIM SHIPENKOV)
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Die Idee eines US-Politikers, Sotschi 2014 aufgrund der Snowden-Affäre zu boykottieren, sorgt für Ärger. Amerika will Sommerspiele 2024, der Kontrahent: Putin.

Washington/Moskau/Fin. Die Spionageaffäre rund um den ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden hat auch den Sport erreicht. Nachdem Snowden in Moskau um politisches Asyl angesucht hatte, dauerte es kaum 24 Stunden, ehe ein Mitglied des US-Repräsentantenhauses mit einem heiklen Vorstoß aufhorchen ließ. Der Republikaner Lindsey Graham warf als erste Reaktion die Idee eines „Boykotts der Winterspiele in Sotschi 2014“ auf.

Damit würde sich die Geschichte wiederholen. Nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan setzte US-Präsident Jimmy Carter 1979 einen Strafenkatalog in Kraft. Der Ost-West-Konflikt wurde bei Olympia 1980 in Moskau deutlich: 42 Nationen folgten seinem Aufruf. Die Retourkutsche der Russen folgte 1984 postwendend. Das Gros des Ostblocks war in Los Angeles nicht vertreten.

„Wenn wir irgendwelche Lehren aus dem Jahr 1980 gezogen haben, dann jene, dass Olympia-Boykotts nichts bewirken“, reagierte Patrick Sandusky, Sprecher des Nationalen Olympischen Komitees der USA, verärgert. Es habe lediglich dazu geführt, „dass hunderten amerikanischen Athleten, die ihr Land bei Olympia repräsentieren wollten, eine einmalige Chance vorenthalten wurde.“

Dementis, aber Pläne für 2024

Sandusky verurteilte diesen Vorstoß scharf und erhielt dabei Unterstützung vonseiten der Politik, sogar aus dem Lager der Republikaner. John Boehner, Sprecher des Repräsentantenhauses, wies den „Vorschlag“ seines Parteifreundes als „total daneben“ zurück. Der Senator habe sich geirrt, damit würde er keine Unterstützung finden. Auch im Weißen Haus löste die Option eines Boykotts eine Serie von Dementis aus. Sprecher Jay Carney wollte über eine Sotschi-Blockade gar nicht spekulieren.

Unter der Regie von Präsident Wladimir Putin halten serienweise Großereignisse Einzug im Osten. Die Leichtathletik-WM findet in rund vier Wochen in Moskau statt. 2014 folgen Winterspiele und die Formel 1 in Sotschi, 2015 die Schwimm-WM, 2016 die Weltspiele im Eishockey und 2018 als Krönung die Fußball-WM. Dafür setzt Russland an die 60 Milliarden Euro ein. Das Wintersportspektakel im kommenden Februar schlägt mit etwa 40 Milliarden € zu Buche.

Nun deutet vieles darauf hin, dass es auf ein Duell der Supermächte um den Erhalt der Sommerspiele 2024 hinauslaufen dürfte. Die USA, zuletzt Ausrichter von Sommerspielen 1996 in Atlanta und Winterspielen 2002 in Salt Lake City, suchen noch nach einer Kandidatenstadt. In ersten Gesprächen mit dem Internationalen Olympischen Komitee soll durch das Mitwirken großer Sponsoren bereits ein Einnahmenrekord garantiert worden sein. Putin will die Event-Serie fortsetzen und die Spiele 2024 unbedingt in seiner Heimatstadt St. Petersburg sehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2013)

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