US-Metropole Detroit ist offiziell pleite

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Die einst viertgrößte US-Stadt hat einen Schuldenberg von 18,5 Mrd. Dollar angehäuft. Aufgrund von Abwanderung stehen 78.000 Gebäude leer.

Die einstige US-Industriemetropole Detroit im Bundesstaat Michigan hat sich am Donnerstag offiziell für bankrott erklärt. Dies geht aus Gerichtsdokumenten hervor, die am Donnerstag bekannt wurden. Die Bankrotterklärung sei "der einzig mögliche Weg zu einem stabilen und soliden Detroit", erklärte der Gouverneur von Michigan, Rick Snyder, in einem Begleitschreiben. Die Stadt ist die bisher größte in der US-Geschichte, die Bankrott anmeldet. Erst 2012 hatte die kalifornische Stadt Stockton (mehr dazu...) diesen unrühmlichen Titel übernommen. Das Vorgehen von Detroit könnte es nun für andere Städte in den USA schwieriger machen, sich mit frischem Geld zu versorgen.

Gouverneur Snyder hatte im März den Sanierungsexperten Kevyn Orr eingesetzt, der mit umfassenden Befugnissen ausgestattet wurde, um der desolaten Finanzlage in Detroit Herr zu werden. Er habe gehofft, die Stadt würde keinen Bankrott anmelden müssen, erklärte Snyder. Nun sei es aber an der Zeit, der Wahrheit ins Auge zu sehen: "Die Stadt kann ihre Schulden nicht mehr bezahlen, wenn sie fällig werden, und ist insolvent".

Abstieg des ehemaligen Automekkas

Detroit, einst Zentrum der US-Autoindustrie, ächzt unter einem Schuldenberg von 18,5 Milliarden Dollar (14 Milliarden Euro). Im Juni wurden die Zahlungen an die Gläubiger eingestellt. Snyders Angaben zufolge kann die Stadt die Steuern aus rechtlichen Gründen nicht weiter erhöhen. Ohnehin könnten die Bürger nicht noch höhere Abgaben schultern, erklärte der Gouverneur.

Die Ausgaben zum Betrieb der städtischen Dienste haben seit 2008 die Einnahmen jährlich um rund 100 Millionen Dollar überstiegen. Zudem zehren Zahlungen für langfristige Verbindlichkeiten von rund 8,5 Milliarden Dollar fast 20 Prozent des Haushalts auf. Darüber hinaus belasten milliardenschwere Pensionsverpflichtungen die Stadtkasse.

78.000 Gebäude stehen leer

Der Niedergang der Metropole vollzog sich über Jahrzehnte. Autobauer General Motors, Ford und Chrysler verhalfen der Stadt zur Blüte. Detroit war in den 1950er-Jahren mit 1,8 Millionen Einwohnern die viertgrößte Stadt der USA - heute leben dort noch rund 685.000 Menschen, ein Drittel davon in Armut. Die Autoindustrie verlagerte ihre Standorte, viele Fabriken schlossen, die Arbeitslosigkeit schoss ebenso in die Höhe wie die Kriminalität. Zugleich wurden öffentliche Ausgaben, etwa für Polizei und Feuerwehr, immer weiter gekürzt, was wiederum weitere Bürger dazu brachte, die Stadt zu verlassen.

Snyder bezeichnete den Verfall der Stadt als "60 Jahre andauernden Niedergang". Heute stehen in Detroit 78.000 Gebäude leer, 40 Prozent der Straßenlaternen sind außer Betrieb. Weil das Geld für Reparaturen fehlt, fährt nur ein Drittel der Rettungswagen. Wie Snyder in seinem Schreiben erklärte, müssen die Bürger in Detroit nach einem Notruf durchschnittlich 58 Minuten auf die Polizei warten - landesweit liegt der Durchschnitt bei elf Minuten. Zugleich ist die Mordrate auf dem höchsten Stand seit knapp 40 Jahren.

Es wird nun erwartet, dass andere Städte in den USA die Folgen der Konkursanmeldung zu spüren bekommen. Für sie könnte es schwieriger werden, Kredite zu erhalten, denn die einst als besonders vertrauenswürdig eingestuften Anleihen von Gemeinden verlieren voraussichtlich weiter an Ansehen.

(APA/AFP)

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