Osteuropas Märkte hinken nach

Osteuropas Maerkte hinken nach
Osteuropas Maerkte hinken nach(c) REUTERS (YURIKO NAKAO)
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An den osteuropäischen Aktienmärkten ist der Börsenboom bisher vorbeigegangen. Die Analysten sehen langfristig Aufwärtspotenzial, kurzfristig sind sie vorsichtig.

Die Osteuropa-Story zieht schon lange nicht mehr so. Die jüngste Aktienhausse in den USA, Japan und Teilen Europas (etwa Deutschland) ist an den europäischen Emerging Markets bis dato spurlos vorübergegangen. Während man mit einem breiten Investment in den weltweit gefassten Aktienindex MSCI World seit Jahresbeginn auf Eurobasis 14 Prozent verdient hätte, versenkte man mit Papieren aus dem MSCI Eastern Europe Index sieben Prozent.

Die Ursachen sind zahlreich: Ein Grund sind die vielen Meldungen über eine mögliche Liquiditätsverknappung, stellt Erste-Analyst Henning Eßkuchen fest. Also dass die US-Notenbank Fed die Geldpolitik strafft. Auf solche Meldungen reagierten Schwellenländermärkte generell stärker. Auch sei die Wachstumsdifferenz zwischen Ost- und Westeuropa für viele Investoren nicht groß genug, um das höhere Risiko in Osteuropa einzugehen: Heuer soll die Wirtschaft in der Eurozone um 0,3 Prozent schrumpfen, jene in sieben osteuropäischen Ländern (Kroatien, Tschechien, Ungarn, Polen, Rumänien, Serbien und Slowakei) um 0,8 Prozent wachsen.


Stock-Picking ist angesagt. Mittelfristig deute die Liquiditätsverknappung aber auf eine verbesserte Weltwirtschaft und eine höhere Nachfrage hin (denn die Fed hat eine mögliche Straffung der Geldpolitik an die Bedingung geknüpft, dass sich die US-Wirtschaft stark erholt). Das sollte sich auch auf die europäischen Schwellenländermärkte positiv auswirken, meint Eßkuchen. Kurzfristig steht laut Erste Group aber eine „Phase der Richtungslosigkeit“ bevor. Dabei sollte in Polen die laufende Debatte über das Pensionssystem den Markt belasten. Wer in Polen, aber auch in der Türkei investieren will, sollte sich gute Papiere herauspicken. Auf der Empfehlungsliste der Erste Group stehen etwa die türkische Halkbank sowie die polnische Bank BZ WBK. Relativ positiv sehen die Erste-Analysten Rumänien (wegen des starken Wachstums und der anstehenden Privatisierungen) und Ungarn: Dort seien viele schlechte Nachrichten schon eingepreist, sagt Eßkuchen. Das Land habe mit zusätzlichen Sektorsteuern zwar schon wieder negativ überrascht, doch könne man nun die Staatsausgaben ausweiten. Das sollte den Aktienmarkt stärken.

In Russland sieht Eßkuchen wenige positive Treiber für den Aktienmarkt. Das Wachstum sei schwach. Der große Markt könnte allerdings davon profitieren, dass er von vielen Investoren als Alternative zur Türkei gesehen wird. Fundamental würden sich diese Märkte zwar stark unterscheiden, aber nicht so sehr hinsichtlich der Größe: Wer viel Liquidität zu platzieren hat und das in einem europäischen Schwellenland tun will, entscheidet sich meist für eines der beiden Länder.

Die Aktienexperten von Raiffeisen Research sehen Kaufgelegenheiten in den meisten osteuropäischen Ländern, allerdings auf Zwölfmonatssicht. Kurzfristig sind auch sie weniger optimistisch. In Russland seien die Wirtschaftsdaten wenig ermutigend, doch sollte die globale Erholung „im Verlauf des zweiten Halbjahres und in Richtung 2014“ auch russische Aktien unterstützen. Ebenso sollte die stark energielastige Wirtschaft von einem höheren Ölpreis profitieren. Für Tschechien sieht man „auf längere Sicht Kurssteigerungspotenzial“, für Polen ist man „kurzfristig vorsichtig“, wenn auch für das Gesamtjahr positiv gestimmt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2013)

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