Geheimprotokoll: Kohl wollte Hälfte der Türken loswerden

Geheimprotokoll: Kohl wollte Hälfte der Türken loswerden
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Laut nun veröffentlichten britischen Protokollen glaubte der frühere Kanzler, dass Deutschland die türkischen Zuwanderer nicht "assimilieren" könne.

"Kanzler Kohl sagte, (...) über die nächsten vier Jahre werde es notwenig sein, die Zahl der Türken um 50 Prozent zu reduzieren - aber er könne dies nicht öffentlich sagen." Das notierte der Privatsekretär der britischen Premierministerin Margaret Thatcher bei einem Treffen seiner Chefin mit dem deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl am 28. Oktober 1982. Das britische Nationalarchiv hat das Gesprächsprotokoll nach Ablauf der Geheimhaltungsfrist nun öffentlich zugänglich gemacht, wie "Spiegel Online" berichtet.

Demnach vertraute Kohl Thatcher bei dem Gespräch in Bonn an, er halte es für "unmöglich für Deutschland, die Türken in ihrer gegenwärtigen Zahl zu assimilieren". Deutschland habe kein Problem mit Portugiesen, Italienern, "selbst den Südostasiaten", da diese sich gut integrierten. "Aber die Türken kämen aus einer sehr andersartigen Kultur." Als Beispiele nannte Kohl dem Protokoll zufolge Zwangsehen und Schwarzarbeit.

Zur Rückkehr in die Türkei überreden wollte Kohl die Zuwanderer mit Geld: "Er beabsichtigt, die Sozialversicherungsbeiträge der türkischen Arbeiter zu kapitalisieren und ihnen eine Abfindung zu geben", heißt es in den Aufzeichnungen von 1982.

Tatsächlich beschloss die deutsche Bundesregierung 1983 ein "Gesetz zur befristeten Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern", das ein Abschiedsgeld von 10.500 D-Mark und die Auszahlung von Pensionsversicherungsbeiträgen vorsah. Die Aktion sei aber ein Misserfolg gewesen - nur 10.000 Türken seien gegangen, erklärt der Historiker Ulrich Herbert gegenüber "Spiegel Online". Es sei damals jedenfalls nicht nur Kohls Ansicht, sondern gesellschaftlicher Konsens gewesen, dass "die Türken Gastarbeiter sind und heim müssen". Später habe sich dieser Konsens verschoben, und auch Kohl sei umgeschwenkt: Die Migranten trügen "ganz erheblich zum Wohlstand der Deutschen" bei, betonte er 1993.

(Red.)

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