Die Ankunft in der Normalität

Wir müssen uns auf hohe Arbeitslosigkeit einstellen – und sollten darauf reagieren.

Die Zahl der Arbeitslosen ist zuletzt um zwölf Prozent gestiegen. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute fällt diesmal aus. Denn auf dem Arbeitsmarkt ist zurzeit leider nichts auszumachen, was auf eine Verbesserung hindeuten könnte. Im Gegenteil: Die Arbeitslosigkeit nimmt in Österreich neuerdings schneller zu als im Europa-Schnitt, und ein Wirtschaftswachstum, das stark genug wäre, den Trend umzukehren, ist zumindest für die nächsten fünf Jahre nicht in Sicht.

Dass wir in Europa immer noch die niedrigste Arbeitslosenrate haben, ist auch ein schwacher Trost (beziehungsweise eine unelegante Selbsttäuschung): Wir haben auch die meisten Frühpensionisten. Wenn man seriös vergleicht, also die berühmten „betriebsbedingten Frühpensionierungen“ der letzten Jahre dem Arbeitslosenheer zuschlägt, dann befinden wir uns schon mitten in der europäischen Normalität.

Statt uns selbst in den Sack zu lügen, wie vergleichsweise toll wir doch seien, sollten wir lieber einmal das Problem adressieren und nach vernünftigen Lösungen suchen. Etwa nach jener für eine bessere Verteilung der Arbeit durch flexiblere Arbeitsmodelle. Oder nach einer Bildungsreform, die verhindert, dass das Bildungssystem massenhaft AMS-Kandidaten ohne Schulabschluss bzw. formelle Ausbildung (die ja fast die Hälfte der Arbeitslosen stellen) produziert.

Das sind wirklich existenzielle Zukunftsfragen, um die sich die Sozialpartner ernsthaft kümmern sollten. Statt wie gewohnt politisches Kleingeld zu schlagen.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Arbeitslosigkeit
Österreich

Arbeitslosigkeit steigt im Juli um zwölf Prozent

Bei Langzeitarbeitslosen und Ausländern gab es einen besonders starken Anstieg. Im Bausektor war ein Viertel mehr auf Jobsuche als im Vorjahr. Sozialminister Hundstorfer sieht die Eurokrise als Verursacher.
Österreich

Ein Arbeitsloser kostet 19.000 Euro im Jahr

Die Arbeitslosigkeit in Österreich steigt konstant an, vor allem schlecht Ausgebildete sind gefährdet. Für ihre Aus- und Weiterbildung fließen in den nächsten Jahren zusätzliche Millionen.
OECD aeltere Arbeitnehmer
Österreich

OECD: Ältere Arbeitnehmer nehmen Jungen keine Jobs weg

Frühpensionen schaffen keine Arbeitsplätze, stellt die OECD fest. Sie warnt davor, dieser Fehlannahme noch einmal aufzusitzen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.