Ökoinvestoren wollen mehr Macht

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Nachhaltige Geldanlage. Immer mehr Investoren wollen nicht nur nach ethischen Kriterien investieren – sondern Entscheidungen in Unternehmen mitbestimmen.

Wien. Manchen ist sie ein echtes Anliegen, andere beruhigen damit bloß ihr schlechtes Gewissen. Der überwiegenden Mehrheit ist sie aber ohnehin total egal: die nachhaltige Geldanlage. Woran man das merkt? Hierzulande sind bloß drei Prozent aller Gelder nach ethischen Kriterien veranlagt. Doch immerhin. Noch vor ein paar Jahren waren es mit 1,5 Prozent nur halb so viel.

Ethische Geldanlage will grün sein, sauber, ökologisch und nachhaltig. Sie will die Welt verbessern – zum Positiven. Doch „ethische Geldanlagen sind nur ein Hebel unter vielen – und können sicher nicht die Welt verändern“, sagt einer, der es wissen muss: Sozial- und Wirtschaftsethiker Klaus Gabriel. Dennoch kann die nachhaltige Geldanlage einen Impuls geben, um die Realität zu verändern, so Gabriel.

In der nachhaltigen Geldanlage kann das auf zwei Arten funktionieren. Zum einen durch die Auswahl des „richtigen“ Fonds vonseiten des Anlegers oder des institutionellen Investors. Zum anderen hat sich in den vergangenen Jahren eine neue Strömung etabliert: die sogenannte Voice-Strategie (Voice seht für Stimme). Bei dieser geht es darum, dem Kapital Gehör zu verschaffen, so Gabriel. Als Kleinaktionär hat man zwar die Möglichkeit, von seinen Stimmrechten Gebrauch zu machen. Bewirken kann man damit aber nicht viel. Daher haben einige Vereine begonnen, die Stimmen von Aktionären zu bündeln. Auf diese Weise können sich nachhaltige Investoren leichter Gehör verschaffen, Abstimmungen beeinflussen oder einen Tagesordnungspunkt auf einer Hauptversammlung festlegen. Zu diesem Zweck müssen Aktionäre ihre Stimmrechte übertragen.

Ob man ein Unternehmen durch die Bündelung von Interessen aus dem „Inneren heraus“ verändern kann, ist natürlich fraglich – und hängt nicht zuletzt von der Offenheit des Konzerns ab.

Doch eine im Mai dieses Jahres veröffentlichte Studie der Ratingagentur Oekom Research belegt, dass nachhaltige Geldanlage durchaus ein Hebel sein kann, um Unternehmer zu einem „besseren Verhalten“ zu motivieren. Im Rahmen der Umfrage gaben knapp 60 Prozent der Unternehmen an, dem Thema „nachhaltige Entwicklung“ eine sehr hohe Bedeutung für die Zukunft der Firma beizumessen. Rund ein Drittel sagte, die Anfragen von Nachhaltigkeitsanalysten würden die Gesamtstrategie des Konzerns beeinflussen. Der direkte Dialog zwischen Investoren und Unternehmen wird ebenso als wichtig empfunden. Doch allen guten Vorsätzen zum Trotz: Noch kein Großkonzern hat es bei der Ratingagentur geschafft, die bestmögliche Bonitätsnote zu erhalten. „Dahinter steht unsere Einschätzung, dass selbst die in Sachen Nachhaltigkeit führenden Unternehmen noch ein gutes Stück von einer wirklich nachhaltigen Wirtschaftsweise entfernt sind“, heißt es bei Oekom Research. Österreichische Unternehmen, die bei der Ratingagentur gut abschneiden, sind beispielsweise der Mineralölkonzern OMV oder der Kranhersteller Palfinger.

Sein Geld nach ethischen Kriterien zu veranlagen, muss jedoch nicht immer bedeuten, ausschließlich in „grüne“ Konzerne zu investieren. Studien haben immer wieder gezeigt, dass auch nachhaltige Fonds – oft über Umwege – ihr Kapital in Atomenergie stecken. Das hat freilich auch damit zu tun, nach welchen Kriterien ethische Fonds vorgehen. Beim sogenannten Best-in-Class-Ansatz wird beispielsweise in das jeweils beste Unternehmen einer Branche investiert. Heilig muss der Konzern deswegen aber noch lange nicht sein.

Ethik und Rendite passen zusammen

Nicht zuletzt deswegen schließen sich nachhaltige Geldanlage und Rendite nicht aus. Heuer hat sich der Nachhaltigkeitsindex weniger gut entwickelt als der Dow Jones. Mit einem Plus von neun Prozent ist seine Performance aber wesentlich besser als die des ATX, der im Minus liegt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2013)

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