Lösung gegen Stau: Pannenstreifen als Fahrspur

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Symbolbild(c) EPA (Franz Neumayr)
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Die Asfinag untersucht derzeit an drei Stellen, ob der Pannenstreifen zu Stoßzeiten als zusätzliche Fahrbahn freigegeben werden kann. Maximale Fahrgeschwindigkeit: 80 km/h.

Wien. Der Sommer macht es uns am deutlichsten. Zu Stoßzeiten sind Autobahnen oft heillos verstopft. Was wäre also, wenn es einen Weg gäbe, um die Fahrbahn in diesen Zeiten zu verbreitern? Eine Möglichkeit dafür wird derzeit von der Asfinag untersucht. Eine mögliche Freigabe des Pannenstreifens während den Stoßzeiten.

Dafür würde der Pannenstreifen von Autobahnen mithilfe von Überkopfwegweisern bei dichtem Verkehrsaufkommen – etwa Frühverkehr – zum Fahrstreifen umfunktioniert. Ein grüner Pfeil auf der Anzeigentafel über der Spur zeigt die Freigabe an, ein rotes Kreuz die Sperre.

In Deutschland und Holland funktioniert dieses Konzept schon länger. „Auch wir sehen das als Thema, um die Leistung auf den Autobahnen zu erhöhen, vor allem in Ballungsräumen“, sagt Andreas Fromm, Leiter des Bereichs Bestandsmanagement der Asfinag. Die Maßnahme ist freilich auch aus Kostengründen interessant. „Wir würden uns so den Ausbau der Autobahnen sparen.“

Ein Konzept dazu hat die Asfinag erstmals 2010 präsentiert, damals schien die Umsetzung allerdings noch fern. Denn die Freigabe des Streifens wurde immer an die Einführung der Rettungsgasse geknüpft. Sie ist nun eingeführt (siehe Artikel rechts). Zuletzt war von einem Praxistest auf der A4 im Jahr 2012 die Rede. Dieser wurde aber nie umgesetzt.

Doch das Projekt ist damit noch lange nicht vom Tisch. Denn die Asfinag führt derzeit an drei Stellen „detailreiche Untersuchungen“ für eine mögliche Umsetzung durch: auf der A4 zwischen Schwechat und dem Knoten Kaisermühlen, auf der A1, nördlich des Knotens Salzburg und auf den Stadteinfahrten in Innsbruck. Allerdings nur auf dem Papier. „Wir untersuchen, wohin der Verkehr fließen würde, wie sich das mit den An- und Abfahrten ausgehen kann“, sagt Fromm.

Politischer Wille notwendig

Wann die Untersuchungen abgeschlossen werden, sagt er nicht. „Wir wollen uns da Zeit nehmen.“ Es könnte aber auch noch einen anderen Grund geben. Für die Freigabe des Pannenstreifens braucht es politischen Willen – unter anderem eine Veränderung der Straßenverkehrsordnung, die das Befahren des Pannenstreifens zu diesem Zweck erlaubt. So eine Änderung ist so kurz vor der Wahl eher unwahrscheinlich. Im Büro von Verkehrsministerin Doris Bures (SP) heißt es jedenfalls: „Das ist ein Gerücht. Es gibt derzeit kein politisches Ziel, das umzusetzen.“

Ein von SPÖ und ÖVP im Dezember 2009 eingebrachter Entschließungsantrag im Parlament sieht die Prüfung der Möglichkeit einer Freigabe des Pannenstreifens für den „fließenden Verkehr in Spitzenstunden“ aber vor.

Die Rahmenbedingungen für die Umsetzung sind dafür nun gut. Die Rettungsgasse ist eingeführt, an den Stellen, an denen die Asfinag die Einführung gerade untersucht, gibt es bereits Verkehrsbeeinflussungsanlagen (wenn auch noch nicht genügend), mit denen die Freigabe angezeigt werden kann. Auch die notwendige Videokontrolle des Pannenstreifens ist mit den bereits existierenden Autobahnkameras gegeben. Ob die Anzahl dieser ausreicht, wird erst im Rahmen der Studien überprüft.

Kopfzerbrechen bereiten den Verkehrsplanern die Brücken. Pannenstreifen, die als Fahrspur dienen, sollen 3,25 und 3,50 Meter breit sein. „Das tun sie jetzt schon in einigen Bereichen“, sagt Fromm. Die Frage ist, wie viel die Erweiterung bei weniger breiten Abschnitten kostet. „Auch bei Brücken ist eine Erweiterung heikel. Diese müsste man gegebenenfalls neu bauen.“ Weiters sieht das Konzept den Bau von Pannenbuchten vor.

Gerüchte, wonach die zusätzliche Fahrbahn schon nächstes Jahr kommen könnte, dementiert Fromm damit. Er nennt einen Zeithorizont von drei bis fünf Jahren, in dem entschieden wird, ob eine Freigabe erfolgen kann. Der Streifen soll übrigens mit maximal 80 km/h befahren werden.

Einsatzfahrzeuge wie die Feuerwehr sind nicht einmal gegen die Einführung. „Solange genügend Platz für die Rettungsgasse ist“, sagt der Präsident des Bundesfeuerwehrverbands Albert Kern. Der ÖAMTC spricht sich zwar gegen ein allgemeine Freigabe aus („Wenn man mehr Spuren braucht, soll man sie bauen“), hat aber nichts gegen eine streckenweise Freigabe. „Punktuell gibt es das ja schon“, sagt Martin Hoffer und verweist auf Pendlerbusse auf der A7, die zwischen Gallneukirchen und Dornach den Pannenstreifen als Busspur verwenden dürfen.

Auf einen Blick

Fahrbahnlösung. Die Asfinag untersucht derzeit die zeitlich begrenzte Freigabe des Pannenstreifens zum Fahrstreifen an drei Stellen in Österreich. Unter anderem auf der A4 zwischen Schwechat und dem Knoten Kaisermühlen. Damit soll Verkehrsüberlastungen entgegengewirkt werden. Eine Entscheidung über die Freigabe des Pannenstreifens wird aber noch dauern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2013)

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