Steuersenkung für die Wahl: Wer bietet mehr?

Michale Spindelegger und Werner Faymann
Michale Spindelegger und Werner Faymann(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Die Milliardenversprechen vor der Nationalratswahl werden von SPÖ und ÖVP kaum zu halten sein. Wegen der Hypo-Alpe-Adria-Bank drohen Milliardenbelastungen für das Budget.

Wien. Nach der Nationalratswahl wird alles besser – zumindest, wenn man den Versprechen der Parteien vor der Wahl glaubt. Derzeit überbieten sich SPÖ und ÖVP beispielsweise darin, den Faktor Arbeit billiger zu machen. Rechnet man die jüngsten Ankündigungen beider Parteien zusammen, könnten die Lohnkosten um insgesamt knapp sechs Milliarden Euro gesenkt werden.

Das wäre eine deutliche Entlastung sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber. Die vom Staat einbehaltene Lohnsteuer belief sich 2011 auf knapp 23 Milliarden Euro, die Sozialversicherungsbeiträge machten 41,8 Milliarden Euro aus (2010, aktuellste Zahl). Würde man die Vorhaben beider Parteien allein für die Lohnsteuer verwenden, würde diese um etwa ein Viertel sinken.

Das Problem bei den Plänen – abgesehen davon, dass sie unter das Schlagwort „Wahlkampfversprechen“ fallen: Sie werden kaum zu finanzieren sein, weil wegen der Hypo-Alpe-Adria-Bank Milliardenbelastungen für das Budget drohen; erschwerend kommen noch wenig rosige Konjunkturaussichten und hohe Arbeitslosenzahlen hinzu. Und natürlich gibt es parteipolitische Interessen: Die Vorschläge, mit denen die ÖVP die Arbeitskosten senken will, stoßen bei der SPÖ auf Ablehnung – und umgekehrt.

Das zeigte sich in Reaktionen auf das Wirtschaftsprogramm der Volkspartei, das Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) gestern vorgestellt hat. „Das Programm richtet sich gegen die Arbeitnehmer, Steuerzuckerln gibt es für Konzerne, Superreiche werden beschützt“, kritisierte der Finanzsprecher der SPÖ, Jan Krainer.

Mitterlehner stellte eine Senkung der Lohnnebenkosten bis 2018 in Aussicht. Konkret soll der Anteil der Arbeitskosten an den Löhnen von bisher 48,4 auf 45Prozent heruntergeschraubt werden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer würden im Ausmaß von etwa drei Milliarden Euro entlastet.

Senkung der Krankenbeiträge

Um das zu finanzieren, sollen die Kranken- und Unfallversicherungsbeiträge gesenkt werden. Mitterlehner räumte freilich selbst ein, dass dies „schwierig realisierbar“ sein werde. Ursprünglich hatte die ÖVP auch Kostensenkungen über den Insolvenzfonds erreichen wollen. Dieser kommt nach den Großpleiten der jüngeren Vergangenheit dafür nicht mehr infrage.

Bei der SPÖ weiß man zwar, wie Lohnsteuersenkungen finanziert werden sollen – nämlich über eine Millionärssteuer. Wie hoch diese aber sein soll, weiß man nicht. Die einmal genannten 0,3 bis 0,7Prozent auf Vermögen über einer Million Euro seien „keine fixe Vorgabe“, meinte eine Sprecherin von Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ). Fix sei dagegen das Ziel: Mit der Steuer wolle man 1,5 bis zwei Milliarden Euro pro Jahr einnehmen. Weitere 500 Millionen Euro sollen aus der Wiedereinführung der Erbschaftssteuer kommen und 500 Mio. Euro über das Schließen von „Steuerschlupflöchern“ (die ÖVP bezweifelt die Zahlen als zu hoch gegriffen).

Mit den Einnahmen von drei Milliarden Euro sollen „Einkommen bis 4000 Euro brutto pro Monat“ entlastet werden. Was das im Einzelfall konkret bringt, konnte die SPÖ nicht sagen. Die Statistik Austria erhob für die „Presse“, dass Personen bis zu einem Jahreseinkommen von 56.000 Euro brutto aktuell 12,9 Milliarden Euro Lohnsteuer bezahlen (56,7Prozent vom gesamten Lohnsteueraufkommen). Die SPÖ-Versprechen wären also eine spürbare Entlastung.

In einer Koalition mit der ÖVP sind sie aber kaum umsetzbar. Alle SPÖ-Pläne (Steuererhöhungen, sechste Urlaubswoche, Überstundenzuschlag) brächten Mehrbelastungen von 24 Milliarden Euro, rechnete Mitterlehner vor. Schieder wiederum sieht einen „zweistelligen Milliardenbetrag“ bei den ÖVP-Versprechen. Da müsse man, meinte Schieder, von „Wahlkampfzuckerln“ sprechen. Nicht nur hier.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.08.2013)

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