Pannenstreifenfahrt: Versuche und Unfälle

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Verkehr: Während man in Österreich noch prüft, hat die Schweiz die Fahrt auf Pannenstreifen eben eingeführt.

Wien. Der Bericht der „Presse“ über die Überlegungen der Asfinag, zu Stoßzeiten den Pannenstreifen als Fahrbahn freizugeben, hat eine Debatte über das Für und Wider losgetreten. Bei den Autofahrerklubs stößt der Vorschlag auf Ablehnung. Hatte der ÖAMTC diese am Anfang der Woche aber noch vorsichtiger formuliert, ist mittlerweile ein sehr klares Nein zu den Asfinag-Plänen zu hören.

Der Arbö stellt hingegen nur Bedingungen. Es müsse gewährleistet werden, dass man tatsächlich schneller vorankommt. Außerdem müsste die notwendige Infrastruktur vorhanden sein, erklärt Generalsekretärin Lydia Ninz. Dass der Pannenstreifen quasi durch die Rettungsgasse ersetzt werde, ist für den ÖAMTC übrigens kein Argument. Die Rettungsgasse könne den Einsatzkräften die Zufahrt zu Unfällen vielleicht erleichtern, sei aber jedenfalls kein vollwertiger Ersatz für den Pannenstreifen. Auch Schäden seien nicht auszuschließen, weil die Streifen am bisherigen Fahrbahnrand nicht für den Verkehr konzipiert seien.

Derzeit prüft die Asfinag an drei Stellen (auf der A4 bei Wien, auf der A1 bei Salzburg und der A12 bei Innsbruck) – allerdings nur auf dem Papier – ob das Konzept funktionieren könnte. Wie es in der Praxis aussieht und welche Argumente dafür und dagegen sprechen, zeigt aber der Blick über die Grenze: allen voran Deutschland, wo etwa die A99 bei München als Vorzeigeprojekt gilt. Anders Stuttgart: Dort kam es erst im Mai bei der Neueinführung auf der A8 „zu vielen brenzligen und gefährlichen Situationen“ in einer Fahrtrichtung, wie die „Stuttgarter Zeitung“ berichtete. Mittlerweile wurden die Verkehrsregeln angepasst, der Pannenstreifen wird wieder zu Stoßzeiten freigegeben.

Und auch andere Staaten ziehen schon längst nach. Die Schweiz hat Ende Mai ihr Okay für das temporäre Befahren des Pannenstreifens auf der A6 in Bern (zwischen Wankdorf und Muri) gegeben. Dem ist ein Versuch in der Westschweiz vorausgegangen. Die Bilanz des Projekts war laut „Berner Zeitung“ durchaus gut: „Kaum Stau, 15 Prozent weniger Unfälle und weniger Schadstoffe.“ Nun folgt mit Bern die offizielle Einführung.
Doch auch hier gilt: vorerst nur auf dem Papier. Denn zuerst muss der Streifen dafür hergerichtet werden. Das heißt, der Pannenstreifenbelag gehört dafür erneuert, außerdem müssen Videokameras und Signalanlagen installiert werden. Der Streifen wird daher erst voraussichtlich im Spätsommer 2015 befahren werden können. Abgesehen von Bern ist diese Maßnahme noch in anderen Stellen der Schweiz geplant.

„Wilde Unfälle“ auf der A1

Auch Österreich hat schon einmal mit Fahrten auf dem Pannenstreifen experimentiert. „Das war vor Jahren auf der A1 zwischen St. Pölten und Böheimkirchen“, erinnert sich Ferdinand Zuser, Leiter der Landesverkehrsabteilung Niederösterreich. Damals wurde der gesamte Pannenstreifen zur dritten Fahrbahn umfunktioniert. Dauerhaft. Zum Ausgleich gab es nur Pannenbuchten. Die waren laut Zuser ungefähr 100 bis 200 Meter lang und im Abstand von circa mehreren hundert Metern angeordnet. Doch der Versuch schlug ganz furchtbar fehl.

Zuser, damals schon bei der Autobahnpolizei, erinnert sich an „wilde Unfälle“, die sich dort ereigneten. Einerseits, weil die Autofahrer die Pannenbuchten mit Abfahrten verwechselten, andererseits, weil die Fahrer von den Pannenbuchten aus teilweise aus dem Stand wieder auf die Autobahn auffahren mussten. „Das hat nicht funktioniert.“

Trotzdem will er den Versuch von damals nicht mit dem Vorstoß der Asfinag vergleichen. „Das sind zwei Paar Schuhe“, sagt er. Die Asfinag überprüft derzeit ja nur eine Freigabe bei Stoßzeiten, die anhand von Überkopfwegweisern angezeigt werden könnten. Doch genau darin sieht Zuser auch eine Schwachstelle. „Man muss sehen, ob sich die Autofahrer das merken, wenn der Streifen einen Tag befahrbar ist und einen nicht“, sagt er. Eine Umsetzung muss „zweifelsfrei und irrtumsfrei“ erfolgen.

("Die Presse" Printausgabe vom 9.08.2013)

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