ÖVP fordert Verschärfung bei der Mindestsicherung

ÖVP fordert Verschärfung bei der Mindestsicherung
ÖVP fordert Verschärfung bei der Mindestsicherung(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Im Wahlprogramm der Volkspartei steht der Kampf gegen Sozialmissbräuche im Zentrum. Alle Modelle für flexiblere und längere Arbeitszeiten müssten nach der Wahl diskutiert werden.

Wien/ett. Die Volkspartei lässt bei der Forderung nach verstärkten Aktivitäten gegen Sozialmissbrauch und strengeren Kontrollen nicht locker. Vorrang haben dabei Neuerungen bei der sozialen Mindestsicherung, wie aus dem Sozialkapitel des ÖVP-Wahlprogramms für die Nationalratswahl, das der „Presse“ vorliegt, hervorgeht. „Arbeit ist der beste Schutz vor Armut“, betont die Obfrau des schwarzen Arbeitnehmerbundes (ÖAAB), Johanna Mikl-Leitner. Die ÖVP bekenne sich zur Mindestsicherung als unterstes Netz im Sozialsystem. Ziel müsse es jedoch sein, den Bezug „so kurz als notwendig“ zu halten.

Die Mindestsicherung löste ab September 2010 die Sozialhilfe ab. Sie beträgt für alleinstehende Personen maximal 837,63 Euro brutto Monat. Viele der bundesweit rund 200.000 Bezieher erhalten aber nicht die volle Summe, sondern es werden vorhandene niedrige Einkünfte – etwa Arbeitslosengeld oder Pension – auf diesen Betrag aufgestockt.

Die ÖVP will eine Reform, damit mehr Bezieher in den Arbeitsmarkt zurückkehren. Die ÖVP verstehe soziales Handeln so, „dass wir jenen Hilfe und Unterstützung geben, die diese brauchen – und das auf Zeit“, erläutert Mikl-Leitner, „und wir verstehen das sicherlich nicht so wie manche andere, die Menschen so lang wie möglich am Sozialtropf des Staates halten wollen“.

„Prämie“ für das Vermitteln eines Jobs

Sie begründet den „Handlungsbedarf“ damit, dass es weiter bis zu 60 Prozent der Bezieher einer Mindestsicherung in Wien gibt, in „Restösterreich“ hingegen zusammen nur 40 Prozent. Die Stadt Wien hat in der Vergangenheit jedoch Missbrauchsvorwürfe strikt zurückgewiesen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) hat ebenfalls beteuert, die Zahl der Missbräuche sei gering. Mikl-Leitner bleibt dennoch dabei: „Da läuft etwas falsch im System.“

Die ÖVP drängt deswegen auf systematische Kontrollen alle drei Monate, ob noch eine Berechtigung für den Bezug einer Mindestsicherung besteht. Außerdem sollte es bundesweit einheitliche Überprüfungen der Einkommenssituation der Bezieher geben. Für Mitarbeiter des Arbeitsmarktservice (AMS) schlägt die ÖVP eine Prämie vor. Diese soll bezahlt werden, wenn ein AMS-Berater dem Empfänger einer Mindestsicherung einen Job vermittelt.

Zweiter Schwerpunkt im ÖVP-Wahlprogramm sind Maßnahmen zur Stärkung ehrenamtlichen und freiwilligen Engagements. Dazu zählt etwa die Anrechnung freiwilliger Tätigkeiten bei Blaulicht- und Sozialorganisationen für die Berufsausbildung (über die ÖVP-Pensionspläne hat „Die Presse“ bereits am 29. Juli berichtet).

Ihr ÖVP-Regierungskollege Reinhold Mitterlehner hat am Mittwoch mit dem Plan aufhorchen lassen, im Zuge einer Flexibilisierung des Arbeitsmarktes die maximal zulässige Tagesarbeitszeit auf zwölf statt bisher zehn Stunden zu erhöhen. Für Mikl-Leitner ist das keine ausgemachte Sache, auch wenn es „selbstverständlich ein klares Ja zur Arbeitszeitflexibilisierung“ gibt. Aber: „Das ist ein Modell.“ Nach der Wahl müsse man alle Modelle „abwiegen und diskutieren“, eine Flexibilisierung der Arbeitszeit „muss eine Win-win-Situation für Arbeitnehmer und Arbeitgeber sein“. So gebe es vom ÖAAB das Modell eines Zeitwertkontos, bei dem Überstunden für längere Freizeitblöcke „angespart“ werden könnten.

Sozialminister Hundstorfer winkt ab

Von der SPÖ kommt ein klares Nein zum Zwölf-Stunden-Arbeitstag. Sozialminister Rudolf Hundstorfer befürchtet nicht nur gesundheitliche Nachteile für Arbeitnehmer, sondern dass diese dann auch um Zuschläge für Überstunden umfallen könnten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2013)

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