Von der Führungskraft zum Mitarbeiter

Schritt nach unten. Karrierebrüche und Rückschritte im selben Unternehmen werden in Zukunft häufiger passieren. Wer sich rechtzeitig Gedanken macht, ist besser vorbereitet.

Rechtskonforme Vertragsänderung

Viel weiter oben hätte seine Karriere nicht beginnen können. Karl Kronsteiners erster Job war der des Geschäftsführers in der Gründungsphase der Lauda Air. Von da an ging es immer bergauf. 20 Jahre später war der BWL-Doktor Vorstand für die internationale Expansion der Media-Märkte. Bis ein Generationenwechsel sein Karrierebild ins Wanken brachte: „Der neue Holding-Vorstand war ein früherer Controller. Er kam mit meiner freidenkerischen Art einfach nicht zurecht.“ Kronsteiner wurde eine Stelle in der Stuttgarter Hauptverwaltung angeboten – ein Rückschritt, finanziell wie rollentechnisch. Das Finanzielle wäre lösbar gewesen („mit 25 Prozent weniger hätte ich auch noch gut verdient“), doch bis heute ist er überzeugt: „Das Angebot war ein Alibi. So formuliert, dass ich nur ablehnen konnte.“

Ein Alphamensch, der sich über seinen Status definiert, wird auf eine Rückstufung nicht einsteigen, weiß L'Oréal-Personaldirektor Steffen Küpper. Für solche Persönlichkeiten sind Gesichtsverlust und die Abgabe von Statussymbolen schwer akzeptabel. Aber digitaler Fortschritt, demografischer Wandel und die Pensionsproblematik machen auch vor höheren Management-Ebenen nicht halt. „Der Generationswechsel erfolgt immer schneller“, sagt Küpper. „Selbst verdiente Manager können ins Hintertreffen geraten, wenn technische Entwicklungen und veränderte Arbeitsweisen an ihnen vorbeiziehen. Auch ohne ihr Verschulden.“ Verstärkend wirke der Druck von unten, die Erkenntnis, dass Mitarbeiter im eigenen Team womöglich fitter sind als sie selbst.

Subtile Wortwahl ist gefragt

Rückschritte werfen ihre Schatten voraus. Werden Ziele einmal nicht mehr erreicht und sind die Beurteilungsgespräche nicht mehr berauschend, dann ist das ein Warnschuss. Küpper hält nichts von Schnellschüssen und Drohszenarien und empfiehlt ein sanftes Vorfühlen über mehrere Monate: „So wie wir Entwicklungspläne für junge Leute machen und ihre Defizite ansprechen, muss ich Veränderungen auch bei Erfahrenen thematisieren können.“

Mit subtiler Wortwahl, versteht sich. Das heißt dann: „Wir haben neue Karriereoptionen für dich“, oder „Nehmen wir dich aus dem Schlachtfeld heraus“, oder „Machen wir dich flott für künftige Aufgaben“. Das wird leichter angenommen als ein „Steig eine Stufe hinunter“. Wobei Größe und Konsequenzen des Schrittes entscheidend sind: Ein Vertriebsdirektor wird das Angebot, künftig als Key Accounter bei seinen alten Kunden anzuklopfen, wohl dankend ablehnen. Für Vertragsgestaltung und mögliche Gehaltseinbußen gibt es im Übrigen gesetzliche Vorgaben (siehe Kasten unten).

Schwieriger ist es, geldwerte Statussymbole wieder einzuziehen. Lässt man zu, dass der Audi A6 aus Respekt behalten werden darf? Oder wird er gegen ein optisch gleichwertiges Modell mit weniger PS und Zubehör eingetauscht? Oder gegen einen A4, als Signal für die Mannschaft? „Beide Seiten müssen Kompromisse eingehen“, sagt Küpper, „das ist es wert, will man das Know-how im Unternehmen halten.“

Aufklärung ist wichtig

Die Kommunikation gegenüber der Mannschaft ist ein heikles Thema. Da sich Gerüchte ohnehin nicht verhindern ließen, empfiehlt Konrad Fankhauser, Geschäftsführer des Unternehmens „Die Berater“, keine langen Erklärungen durch das Netz zu schicken, sondern übersichtlich die künftigen Sachaufgaben und Stichtage aufzulisten. „Jeder muss wissen, wofür der Manager noch und wofür er nicht mehr zuständig ist.“ Ob ein symbolischer Übergabeakt mit frommen Worten angebracht sei, solle im Einzelfall entschieden werden. Theoretisch müssten alle Schnittstellen nach außen nur über die Kontaktdaten des Nachfolgers informiert werden. Praktisch wird das für langjährige Geschäftspartner nicht ausreichen. Sie erwarten eine Erklärung – seien es nur „persönliche Gründe“. Fankhauser interpretiert solche Schreiben positiv: „Er muss gut sein, sonst wäre er nicht mehr da.“

Wer sich mit diesem Szenario nicht anfreunden kann, ist vielleicht der Variante von Ex-Vorstand Kronsteiner näher: „Man identifiziert den wertvollsten Teil seiner Arbeit und bietet ihn dem Unternehmen an. Als Freiberufler.“ Das funktioniert meist für ein paar Jahre und sichert ein Teileinkommen. Kronsteiner nutzte es und baute sich seine eigene Firma auf.

Rückstufung. Arbeitsrechtsexperte Philipp Maier zum Umgestalten von Dienstverträgen.

1. Änderungsvorbehalt. Wer Führungskraft war, hat Anspruch, das auch zu bleiben. Änderungen sind nur einvernehmlich möglich bzw. wenn im Dienstvertrag schon vorab ein Änderungsvorbehalt integriert war.

2. Hierarchische Änderung. Versetzungen müssen Rücksicht auf Ausbildung, Qualifikation, bisherige Tätigkeit und persönliche Umstände nehmen. Die Rückstufung einer Führungskraft auf Sekretariatsarbeit ist nicht zumutbar.

3. Örtliche Versetzung. Auch Änderungen des Arbeitsortes sollten im Dienstvertrag vorweggenommen werden. Verlegungen innerhalb einer Stadt sind zumutbar; die Versetzung einer Mutter schulpflichtiger Kinder in ein entferntes Bundesland ist es nicht.

4. Betriebsrat. Eine Versetzung bedarf der Zustimmung des Betriebsrates (sofern einer vorhanden ist). Das lässt sich umgehen, wenn die Entgeltbedingungen unverändert bleiben.

5. Gehaltsanpassung. Änderungen im Entgelt bedürfen einer eigenen Vereinbarung im Dienstvertrag. Grundsätzlich gilt Vertragsfreiheit, jedoch darf das kollektivvertragliche Mindestentgelt nicht unterschritten werden.

6. Fringe Benefits. Geldwerte Zusatzleistungen wie etwa Dienstwagen, Firmenhandy, Dienstwohnung oder Business- statt Economy-Flüge sind vertragliche Ansprüche, die nur einvernehmlich abgeändert werden können.

("Die Presse", Printausgabe, 10.08.2013)

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