Wahlkampf tut den Stromkunden gut

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Energie(c) Erwin Wodicka - wodicka@aon.at
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Nach dem teilstaatlichen Verbund senken auch die landeseigenen Versorger im Osten des Landes kurz vor den Nationalratswahlen die Preise für Privatkunden.

Wien/Auer. Es sollte öfter Wahlkampf sein. Wenige Wochen nachdem Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) die heimischen Stromkonzerne medienwirksam mahnte, die Preise für Haushaltskunden zu senken, kommen zumindest die teilstaatlichen Unternehmen dem Wunsch nach. Nach dem Verbund, zu 51 Prozent im Besitz der Republik Österreich, senken auch die landeseigenen Energieversorger in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland (Energie-Allianz Austria) die Strom- und Gaspreise für Endkunden im Schnitt um 3,6 Prozent. Da aber Steuern und Gebühren zusammen über zwei Drittel des Gesamtpreises ausmachen, bleibt für die Kunden unter dem Strich nur ein Minus von einem Prozent. Ein Drittel dessen, was der Verbund seinen Kunden versprochen hat.

Zu spät und zu wenig, klagt die E-Control. Tatsächlich kommt die Erkenntnis, dass Österreichs Haushalte zu viel für ihren Strom bezahlen, eher mit Verspätung. Der Energieregulator pocht seit Jahren darauf, dass der niedrigere Strompreis an den Börsen auch an Kleinverbraucher weitergegeben werden müsse. Seit 2008 sank der Börsenstrompreis um 44 Prozent. Während Österreichs Industriebetriebe davon längst profitieren, gab es für Private keine Preissenkungen. „Erst jetzt werden diese Kostenvorteile von einigen Versorgern an die Haushalte weitergegeben – zum Teil aber immer noch in sehr geringem Ausmaß“, kritisiert der Regulator. Im EU-Vergleich liegen die Preise (inklusive Netzgebühr, ohne Steuern und Abgaben) nur in sechs von 33 Ländern über dem Niveau in Österreich.

Margen der Konzerne verdoppelt

Bisher haben die Stromunternehmen stets argumentiert, dass sie sowohl Preissenkungen als auch -steigerungen an den Börsen nur abgefedert an Private weitergeben würden. In der momentanen Lage der Branche sei einfach kein Spielraum für niedrigere Preise da. Nun haben die Konzerne diesen Spielraum offenbar doch gefunden. Wie groß er ist, und ob er auch ausgeschöpft wurde, wissen aber nur die Unternehmen selbst.

Die E-Control kämpft seit 1,5Jahren darum, Einblick in die Beschaffungskosten der Anbieter zu erlangen. Bisher scheiterte das jedoch am Unwillen der Konzerne. Der VfGH hat dem Ansinnen der E-Control zwar stattgegeben, wann die Untersuchung starten darf, muss aber der VwGH entscheiden. Schätzungen zufolge stiegen die Margen der Stromunternehmen zuletzt von 20 auf fast 50 Prozent.

Zu viel, mutmaßte wohl auch Mitterlehner – und holte zuletzt die alte Forderung nach einer Beweislastumkehr aus dem Köcher. (Zu) Teure Stromunternehmen müssten ihre Preise dann der Kartellbehörde erklären. Die Versorger sehen darin eine Rückkehr zur Planwirtschaft. Der Vorschlag ging schon einmal durch den Ministerrat, wurde im Parlament dann aber wieder fallen gelassen. Damals standen in Österreich gerade keine Wahlen an. Da wiegen die Argumente der Branche wohl schwerer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2013)

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