420.000 neue Arbeitsplätze, Steuerentlastung für Familien: Bei dem Ziel einer „ordentlichen Reformregierung“ verzichtet der ÖVP-Obmann auf ein Sparpaket.
Wien. „Zukunftsweisend. Österreich 2018“ prangt am Rednerpult. Entsprechend fällt die knappe Bilanz von Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger über die jetzige rot-schwarze Koalitionsarbeit aus: „Das war noch zu wenig.“ Der Name von Bundeskanzler Werner Faymann kommt ihm auf der Terrasse im Park der Politischen Akademie der ÖVP in Wien Meidling nicht über die Lippen. Umso mehr sagt der Satz, mit dem der ÖVP-Obmann sein Wahlprogramm am Freitag vorstellt: „Ich will das nächste Mal eine ordentliche Reformregierung haben.“
85 Seiten mit 30 Kapiteln umfasst der schwarze Stoff, mit dem Spindelegger sein Ziel, Bundeskanzler zu werden, erreichen möchte. 420.000 neue Arbeitsplätze, „Entfesselung“ der Wirtschaft, Entlastung der Familien sind seine zentralen, wenngleich nicht ganz neuen Botschaften an die Wähler.
„Stillstand überwinden“
Der danebenstehende ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch spricht von einem „Zukunftsprogramm“ im Gegensatz zu den „Retro“-Plänen der SPÖ: „Wir wollen den Stillstand überwinden.“
Blut, Schweiß und Tränen, das war früher einmal, keine Rede von einem Sparpaket. In diesem Nationalratswahlkampf legt die ÖVP ihren Schwerpunkt auf positive Botschaften. Weil die „große Sorge“ der Österreicher jene um einen Job betreffe, sei der Fokus des Wahlprogramms auf neue Arbeitsplätze ausgerichtet, betont der ÖVP-Chef. Dabei passiert ihm ein kleines Hoppala: 420.000 sollen es bis 2025 sein, rechnet er vor, auch wenn dies für „viele utopisch“ klinge. Im schriftlichen Programm ist dieses Ziel freilich schon für 2018, das Ende der kommenden Legislaturperiode, festgeschrieben.
Wie das funktionieren soll? Durch ein „Entfesseln“ der Wirtschaft, betont Spindelegger: mehr Wettbewerb, mehr Flexibilität, Export, Entlastung bei den Lohnnebenkosten. Nach der Wahl werde er eine „Entbürokratisierungsinitiative“ starten. Durch die Zwischenbemerkung, dass die ÖVP doch seit Jahren in der Regierung sei, lässt er sich nicht beirren: „Entscheidend für die Zukunft ist, dass wir das tun.“
Der ÖVP-Chef unterstreicht: Künftig müsse man bei der Arbeit „einiges neu denken“. Denn: „Viele wollen mehr Netto auf dem Lohnzettel.“ Daher solle es freiwillig flächendeckend eine Beteiligung der Mitarbeiter am Gewinn ihres Unternehmens geben. Dazu gehörten weiters flexiblere Arbeitszeiten, „das ist ein Gebot der Stunde“. Eine tägliche Arbeitszeit bis zu zwölf Stunden, wie zuletzt von ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner angedacht, stehe aber nicht im Programm, stellt er fest.
Vergünstigung für Mütter
Für die Familien wird verlangt, dass es pro Kind und Jahr ein „Grundeinkommen“ in Form eines steuerlichen Freibetrags von 7000 Euro (je 3500 Euro für Väter und Mütter) gibt. Dazu kommt ein freiwilliges zweites Gratiskindergartenjahr. Für Mütter ist auch rückwirkend für Jahrgänge vor 1955 eine bessere Anrechnung der Kindererziehungszeiten auf die Pension geplant.
Weitere Entlastung soll die Senkung des Eingangssteuersatzes von 36,5 Prozent bringen. Die Abgabenquote möchte die ÖVP bis 2020 von fast 45 auf 40 Prozent reduzieren. Die Gesamtkosten lässt das Wahlprogramm offen. Es bleibt aber beim klaren Nein der ÖVP zu Vermögensteuern und zu neuen Erbschaftssteuern. Zugleich bleibt das Erreichen des Nulldefizits bis 2016 Ziel. Wie das ohne Sparpaket gehe? „Weder Schulden noch Steuern erhöhen“, bekräftigt Spindelegger. Durch mehr Arbeitsplätze und Unternehmen würden die Steuereinnahmen steigen.
Die Frage, mit wem er diese „Reformregierung“ bilden wolle, wischt er weg: Er lasse sich darauf nicht ein, wer nach der Wahl regiert – erst sei der Wähler am Wort.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2013)