Provider: „Kein Hilfssheriff für Moralapostel“

Porno im Internet
Porno im InternetMichaela Seidler
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Dass die ÖVP über eine Sperre von Seiten aus Jugendschutzgründen nachdenkt, missfällt Providern und Koalitionspartner. Der Chef des Datenschutzrates warnt vor weiteren Filterungen.

Wien. „Wir lehnen es ab, Hilfsheriff für Moralapostel zu sein“, sagt Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA (Internet Service Providers Austria), die rund 200 Internet-Provider in Österreich vertritt. Aber auch beim Koalitionspartner SPÖ hat sich ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch mit seinem Vorstoß für Internetsperren aus Gründen des Jugendschutzes keine Freunde gemacht. „Ich lehne eine Webseitensperre durch Internet-Provider grundsätzlich ab“, sagt SPÖ-Mandatar und Datenschutzexperte Johann Maier im Gespräch mit der „Presse“. „Es gibt Befürchtungen, dass dann nicht nur Pornografie gefiltert wird“, sagt er. Zumal der Begriff schwer zu definieren ist. Und etwa auch künstlerische Darstellungen der Sperre zum Opfer fallen könnten.

Rauch hatte erklärt, dass Pornosperren im Internet, um Kinder zu schützen, für seine Partei „durchaus denkbar“ seien (die „Presse“ berichtete am Freitag). Er verfolge die aktuelle Debatte in Großbritannien und Deutschland „mit größter Aufmerksamkeit“ und wolle die dort vorgebrachten Ideen auch hierzulande mit Experten diskutieren. Der britische Premier David Cameron hat sich mit allen großen Internetprovidern darauf geeinigt, dass User ab dem kommenden Jahr prinzipiell nur mehr Zugang zu „familienfreundlichen Inhalten“ haben. Wer Pornos ansehen will, muss dies bei der Installation des Breitbandanschlusses bekannt geben. In Deutschland verlangte der CSU-Abgeordnete Norbert Geis, dass man zu Pornoseiten nur noch Zugang hat, wenn man sein Alter nachweist und sich persönlich anmeldet.

Folgt auf eine Sperre die nächste?

SPÖ-Mandatar Maier, er ist auch Vorsitzender des Datenschutzrates, fürchtet, dass die Internetverbote nicht auf Pornos beschränkt bleiben würden, wenn man einmal damit anfängt. „Dann werden Leute kommen und fordern, dass etwa auch Online-Glücksspiele nicht zugelassen werden“, sagt Maier. Noch stärkere Befürchtungen hegt Providervertreter Schubert: „Wenn eine Filterstruktur einmal da ist, wird sie gebraucht – und in späterer Folge auch missbraucht“, warnt er. Zudem sei eine Beschränkung verfassungsrechtlich problematisch: Schließlich würden Anbieter pornografischer Webseiten im Grundrecht auf Erwerbsfreiheit eingeschränkt. Und User würden „stigmatisiert“, wenn ihr Provider Listen über alle Bürger führen müsste, die sich für Pornos freischalten lassen.

Das BZÖ spricht von einem „Tugendpuritarismus“, gegen den man auftrete. Für Eltern gebe es ohnedies Programme, mit denen sie ihren Computer sichern könnten. SPÖ-Mandatar Maier kann sich als neue Schutzmaßnahme vorstellen, dass Anschlussinhaber ihren Provider ersuchen könnten, pornografische Inhalte zu sperren. Über diese Möglichkeit ließe sich diskutieren, wenngleich selbst sie nicht unproblematisch sei, weil ein Filter eben auch gewünschte Seiten unterbinden könne.

Provider: Filter leicht zu umgehen

Schubert fragt sich, wer festlegen soll, was ein Porno ist und was nicht. Die Provider? Die Politik? Zudem seien Sperren leicht zu umgehen. Sinnvoller als eine Pornosperre sei daher, dass Eltern Kinder auf den richtigen Umgang mit dem Internet vorbereiten.

Auf einen Blick

In Großbritannien und Deutschland gibt es Vorstöße, den Zugang zu Pornoseiten im Internet zu sperren, um den Jugendschutz zu verbessern. Erst, wenn ein Erwachsener dies extra kund tut, soll er Zugang zu einschlägigen Seiten erhalten. ÖVP-Generalsekretär Rauch will über derartige Maßnahmen in Österreich diskutieren. SPÖ-Mandatar Maier und die Provider betonen, gegen die Idee zu sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2013)

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