Von »Happy birthday, Mr. President« bis »California Über Alles«

USA KENNEDY FEATURE PACKAGE ANNIVERSARY
USA KENNEDY FEATURE PACKAGE ANNIVERSARY(c) EPA (ABBIE ROWE / NATIONAL PARK SERVI)
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Elvis, Marilyn, JFK – der 35. Präsident der Vereinigten Staaten ist längst im Olymp der amerikanischen Popkultur angekommen. Um das Leben und den Tod von John F. Kennedy ranken sich unzählige Mythen, während seine Frau Jacqueline Musikern als Inspirationsquelle diente.

Das fleischfarbene, mit Strass bestickte Kleid war so eng, dass Marilyn Monroe auf BH und Slip verzichten musste, als sie am 19. Mai 1962 die Bühne des Madison Square Garden betrat, um John F. Kennedy ein Ständchen zu singen. Doch ihr lasziv gehauchtes „Happy birthday, Mr. President“ ging nicht wegen der Kreation des Couturiers Jean Louis in die Annalen der US-Geschichte ein, sondern aus einem anderen Grund: Die Gesangseinlage passte zu den Gerüchten um eine angebliche Affäre zwischen dem Filmstar und dem mächtigsten Mann der Welt. Wie das jüngst publizierte Buch „The Final Year of Jack with Jackie“ insinuiert, soll Monroe sogar „First Lady“ Jacqueline Kennedy von der Beziehung informiert und darauf gehofft haben, dass „Mr. President“ sich scheiden lässt und sie heiratet.

Wäre es jemals dazu gekommen, dann wäre es eine Hochzeit zweier Ikonen gewesen. Gemeinsam mit Marilyn, Elvis und „Ol' Blue Eyes“ Frank Sinatra ist JFK längst im Olymp der Popkultur angekommen. Und die Seligsprechung begann nicht erst nach seinem Märtyrertod in Dallas, sondern bereits nach Kennedys Amtsantritt 1961.

Camelot. Kennedys erster Apostel hieß Jacques Lowe und war als Hoffotograf maßgeblich an der Entstehung des Mythos beteiligt. Lowes Bilder zeigten den US-Präsidenten als vitalen Gralshüter der westlichen Lebensordnung, umgeben von einem lässig eleganten Hofstaat – ein „amerikanisches Camelot“, wie Jackie Kennedy formulierte. Diese für den amerikanischen Stil charakteristische, lässige Eleganz, die auf den Campus der Eliteuniversitäten geboren wurde, feiert übrigens seit einigen Jahren als „Ivy Style“ ihre Auferstehung, und JFK gilt in diversen Modeblogs als Pate dieses Stils – nicht zuletzt, weil er mit den Codes der Kleiderordnung spielte und beispielsweise zwei- statt dreiknöpfige Sakkos trug.

Kennedys Tod durch die Kugel eines Attentäters leitete die nächste Phase der Seligsprechung ein – die Phase der Verschwörungstheorien. Krimiautor James Ellroy beschrieb in „American Tabloid“ den Kennedy-Clan als Kämpfer gegen das organisierte Verbrechen und die Mafia als Drahtzieherin des Attentats von Dallas. Und Oliver Stone, Hollywoods oberster Paranoiker, gab in seinem Streifen „JFK“ dem militärisch-industriellen Komplex die Schuld an Kennedys Tod. Für den kalifornischen Sänger Jello Biafra war der Name Kennedy ein Synonym für den „Amerikanischen Traum“ – und aus Zorn über dessen Desintegration nannte Biafra seine Punkband „Dead Kennedys“. Die erste, 1979 veröffentlichte Single trug den Titel „California Über Alles“ und handelte von faschistischen Hippies, die an der Westküste einen Überwachungsstaat errichten.

Jackie O. Doch auch die First Lady, die nach Kennedys Tod den Reeder Aristoteles Onassis heiratete, diente als Inspirationsquelle. Für die Band B-52's war „Jackie O“ eines der „principal girls of the USA“. Und die japanische Sängerin Milky zeichnete in ihrem Chanson „Jackie Onassis“ das Bild einer abgestumpften, lebensmüden Diva: „I never sleep from dusk till dawn, there's always paparazzi.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2013)

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