Über vier Hauptrouten gelangen Bootsflüchtlinge nach Europa. Viele Boote starten in Libyen.
Wien. Alle Zahlen sind vorsichtige Schätzungen: 2011, als die arabischen Revolutionen Nordafrika erschütterten, zählte man die bisher höchste Zahl an „boat people“. 58.000 waren es, die die Überfahrt über das Meer wagten. 1500 bis 2000 Menschen dürften pro Jahr die Reise nicht überleben.
Die Flüchtlinge gelangen über vier Hauptrouten nach Europa: Route eins verläuft von Westafrika bis zu den zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln. Die zweite Route quert die Straße von Gibraltar. Im östlichen Mittelmeer machen sich Bootsflüchtlinge (dort sind es v.a. Syrer, Afghanen, Iraker und Somalier) in Richtung griechischer Inseln auf, v.a. nach Lesbos, Samos, Leros, Limnos und Chios. Im ersten Halbjahr 2013 wurden 4700 Menschen von der Küstenwache aufgegriffen. Indes ist auch diese Zahl mit Vorsicht zu genießen, viele Menschen dürften unerkannt auf kleinen Inseln landen.
Die am häufigsten befahrene Route führt von Nordafrika in Richtung Italien: Vor der sizilianischen Küste liegen die Inseln Lampedusa und Malta, wo besonders viele Neuankömmlinge stranden.
Neue „Flüchtlingsindustrie“
Die Flüchtlingsboote starten von vielen Orten an Nordafrikas Küste aus, dennoch hat sich Libyen zum vielleicht beliebtesten Ausgangsort der lebensgefährlichen Überfahrt entwickelt: Das Schmugglerwesen prosperiert in Küstenstädten, Milizen kontrollieren das Schlepperwesen. Es seien „gesetzlose Gebiete, wo der Staat nur beschränkte Macht“ habe, sagt ein Mitarbeiter des UN-Hilfswerks für Flüchtlinge (UNHCR) zur „Presse“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2013)