Autobranche

Sorge vor Streik in US-Autoindustrie

Inflation und schwaches Lohnwachstum der letzten Jahre ließ die Löhne der Arbeiter in der Autoindustrie immer weiter zurückfallen. Die Gewerkschaft fordert mehr Geld. Mit den Autobauern laufen die Gespräche bisher zäh.
Inflation und schwaches Lohnwachstum der letzten Jahre ließ die Löhne der Arbeiter in der Autoindustrie immer weiter zurückfallen. Die Gewerkschaft fordert mehr Geld. Mit den Autobauern laufen die Gespräche bisher zäh.APA / AFP
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Es ziehen Streik-Wolken über Detroits Autohimmel auf. Die Gewerkschaft will 40 Prozent mehr Lohn, die Konzerne winken ab. Weichen für einen Streik werden gestellt.

Die Fronten sind verhärtet zwischen den Big Three – General Motors, Ford und Stellantis – und der Gewerkschaft UAW (United Auto Workers). Im Streit um höhere Löhne, der seit Mitte Juli läuft, ruft die Gewerkschaft nun zu einer Abstimmung über einen Streik auf.

Die Gespräche würden nur langsam vorankommen, kritisiert UAW-Chef Shawn Fain. Bei einer digitalen Mitgliederversammlung am Dienstag (Ortszeit) sagt er, dass man noch nicht mal bei den Löhnen und anderen wirtschaftlichen Fragen angekommen sei. Die Folge: Er motiviert zum Arbeitskampf. „Wenn wir am Verhandlungstisch Fortschritte erzielen wollen, müssen wir den Unternehmen zeigen, dass wir nicht nur reden.“ Man müsse den Arbeitgebern zeigen, „dass wir den Mist und Schrott satt haben, mit dem sie uns abspeisen wollen“.

Schon am Montag forderte US-Präsident Joe Biden beide Seiten auf, sich zu einigen. Bis zum 24. August hängt das Damoklesschwert über der amerikanischen Autobranche – bis dahin kann über einen Streik abgestimmt werden.

Saftige Lohnerhöhung

Die Gewerkschaft fordert für die rund 146.000 Mitglieder 40 Prozent mehr Lohn während der Laufzeit des neuen Vierjahresvertrags. Die aktuellen Verträge zwischen der Gewerkschaft und General Motors, Ford und Stellantis laufen mit 14. September aus. Darüber hinaus will die UAW die Abschaffung eines gestaffelten Lohnsystems und Tarifverträge für die Mitarbeitenden von Batteriewerken. Detroits große Autohersteller erklärten, dass sie eine Einigung anstreben, die den Arbeitnehmern gerecht werde und zugleich Flexibilität biete im Umschwung von Verbrenner- auf Elektroautos. Man arbeite stark mit der Gewerkschaft zusammen, „um sicherzustellen, dass wir diese Vereinbarung für alle unsere Interessengruppen richtig hinbekommen“, heißt es etwa von General Motors.

Nach fast 250 Milliarden Dollar Gewinn in den vergangenen zehn Jahren würden sich die Autokonzerne die Lohnerhöhungen leisten können, argumentiert die UAW. Sie zeigt sich für den Streik gewappnet: Eigenen Angaben zufolge liegen 825 Mio. Dollar (756 Mio. Euro) in der Streikkasse. Jedem Mitglied würden sie bei einem Streik wöchentlich 500 Dollar ausbezahlen.

Analysten schätzen die Wahrscheinlichkeit eines Streiks auf mehr als 50 Prozent. Ein Ausstand würde jeden Autobauer zwischen 400 bis 500 Mio. Dollar pro Woche kosten, wie die Deutsche Bank berechnete.

Eine Werksschließung sollten die Autobauer tunlichst vermeiden und Arbeitsplätze sichern, fordert Biden. Außerdem sollen sie Löhne zahlen, die eine Familie ernähren können, sagt er. Laut UAW liegen die Löhne bei den Big Three aktuell je nach Betriebszugehörigkeit zwischen etwa 18 und 32 Dollar pro Stunde. Die Automobilindustrie macht etwa drei Prozent des US-amerikanischen Bruttoinlandsproduktes aus.

Aktien derzeit schwach

Seit März leitet Shawn Fain die Gewerkschaft. Er kandidierte nach einem Korruptionsskandal für den Vorsitz gegen Amtsinhaber Ray Curry. Er plädierte für ein kämpferischeres Vorgehen bei Verhandlungen und dafür, dass die Gewerkschaft aktiv Politiker unterstützt, die die Agenda der Gewerkschaft teilen.

Die Aktien der Autobauer zeigten sich in der vergangenen Woche eher schwach und wenig bewegt. Für einen Morgan Stanley-Analyst sind die bisherigen Bedenken über einen Streik sogar nur ein „Nebenschauplatz“. Sinkende Gebrauchtwagenpreise und ein schwaches China würden den Automobilsektor derzeit viel mehr belasten.

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