Die starke Teuerung bereitet den Menschen derzeit mehr Kopfzerbrechen als Altersarmut, Krieg und Klimawandel, zeigt eine Umfrage von JP Morgan.
Es gibt wieder Zinsen für das Sparbuch, vereinzelt sogar zwei Prozent pro Jahr. Die Inflation von derzeit sieben Prozent macht das freilich nicht wett. Das scheinen die Österreicher auch zu wissen. Sparbücher haben seit dem Vorjahr leicht, Tages- und Festgeldkonten deutlich an Zuspruch verloren, wie aus einer im Juni durchgeführten repräsentativen Umfrage von JP Morgan Asset Management („Finanzbarometer 2023“) unter 1000 Österreicherinnen und Österreichern hervorgeht.
Demnach besitzen 63 Prozent der Befragten ein Sparbuch, 35 Prozent geben an, eine Lebens- oder Rentenversicherung abgeschlossen zu haben, 24 Prozent nennen ein Tages- oder Festgeldkonto ihr Eigen – vor einem Jahr waren das noch 30 Prozent, im Jahr 2018 gar 87 Prozent. Allerdings sind die Zahlen aufgrund unterschiedlicher Fragestellungen und Methodiken nur bedingt vergleichbar. Der Trend ist dennoch deutlich.
Der Anteil der Fondsanleger ist von 26 auf 22 Prozent gesunken, jener der Aktieninhaber von 28 auf 22 Prozent. Nur noch 14 Prozent geben an, Kryptowährungen zu halten, vor einem Jahr waren es 19 Prozent. Immerhin: Anleihen und andere festverzinsliche Wertpapiere sowie Betriebsrenten sind mit elf bzw. zehn Prozent ein wenig stärker verbreitet als im Vorjahr. „Insgesamt scheinen die Spar- und Anlagequoten durch die hohe Inflation etwas gedämpft“, stellen die Studienautoren fest.
Lieber noch mehr sparen?
60 Prozent der Befragten geben an, wegen der hohen Inflation weniger sparen zu können, 14 Prozent müssen sogar Ersparnisse auflösen, um über die Runden zu kommen. Immerhin 13 Prozent sparen hingegen mehr, um die höhere Inflation auszugleichen. Ein Drittel schichtet von Aktien und Fonds zu Sparbüchern und Tagesgeld um, weil man dort jetzt höhere Zinsen erhält. 27 Prozent tun das Gegenteil und setzen erst recht auf Aktien, weil die Zinsen noch immer nicht die Inflation ausgleichen.
Die Inflation steht derzeit an erster Stelle der empfundenen Bedrohungen, 85 Prozent finden diese bedrohlich oder sehr bedrohlich. Damit stellt die hohe Teuerung selbst die Angst vor Altersarmut, Krieg oder Klimawandel in den Schatten. Mehrheitlich nicht mehr bedrohlich finden die Befragten Pandemien.
Auch in Bezug auf ihre Ersparnisse sehen 55 Prozent der Befragten in der Inflation, also dass das Sparguthaben durch die Teuerung schleichend entwertet wird, das größte Problem, 30 Prozent in einer möglichen Rezession, aufgrund der die Ersparnisse an Wert verlieren könnten, 15 Prozent in der Volatilität, also dass das Auf und Ab an der Börse den Wert der Investments vernichtet. Doch sei die Sorge wegen der Inflation gegenüber dem Vorjahr leicht zurückgegangen, heißt es.
Doch wozu sparen die Österreicher überhaupt? Mehr als die Hälfte will einen Notgroschen haben, ein Drittel spart für den Ruhestand. Fast jeder Zweite spart, um sich „spontane Wünsche“ zu erfüllen oder „größere Anschaffungen“ zu tätigen. Letzteres Motiv hat aber im Vergleich zur Befragung vor fünf Jahren deutlich abgenommen. 17 Prozent wollen finanziell unabhängig werden, je 14 Prozent eine Immobilie kaufen (vor fünf Jahren wollten das noch 28 Prozent) oder ein laufendes Einkommen aus Zinsen und Dividenden lukrieren. Zwölf Prozent sparen für Kinder und Enkel. Ein Zehntel hat kein konkretes Sparziel, ein weiteres Zehntel kein Geld zum Sparen.
Von denen, die weder Fondsanteile noch Aktien oder Anleihen haben, gibt ein Drittel an, zu wenig Geld dafür zu haben. Auch die Angst vor Schwankungen, fehlendes Finanzwissen und fehlende Beratung halten Menschen häufig vom Kapitalmarkt fern. Doch wer soll Finanzbildung vermitteln?
Schule in der Pflicht
Die Hälfte sieht hier die Schule in der Pflicht, 40 Prozent die Eltern. Jeweils mehr als 20 Prozent setzen auf Finanzberater, Ausprobieren, Bücher und Videos, etwas weniger auf Zeitungen oder soziale Medien. Sieben Prozent meinen salopp, das Thema Finanzen sollte inzwischen jeder kapiert haben. Tatsächlich trifft fast die Hälfte ihre Anlageentscheidungen selbst, 40 Prozent lassen sich von der Hausbank beraten. Honorarberatung und Robo-Berater sind noch nicht weit verbreitet.