Krankenkasse

AK kritisiert „Vollziehungschaos“ der ÖGK

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Symbolbild. (c) Imago/Eibner (Imago stock & People)
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Laut Arbeiterkammer Wien melden sich immer mehr Menschen, weil sie Probleme mit der ÖGK haben. Der häufigste Grund seien extrem kurzfristige Krankenstandsabschreibungen. Das Gesundheitsministerium will prüfen.

Immer häufiger gibt es Probleme mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) – das teilte die Arbeiterkammer Wien (AK) am Donnerstag bei einem Pressegespräch mit. Die Interventionen bei der ÖGK – also Fälle, in denen die AK-Juristen mit Vollmacht einen Sachverhalt an die ÖGK herantragen – hätten in den vergangenen beiden Jahren massiv zugenommen, sagt Wolfgang Panhölzl, Leiter der Abteilung Sozialversicherung. Intervenierte die AK Wien im ersten Halbjahr 2022 noch 75 Mal, waren es im gleichen Zeitraum dieses Jahres bereits 126 Mal. Betroffen seien großteils Personen mit psychischen Erkrankungen, aber auch Krebskranke oder Personen, die unter orthopädischen Problemen oder Long Covid leiden.

Insgesamt ortet Panhölzl ein „Vollziehungschaos“ der ÖGK. Am häufigsten würde das Krankengeld falsch ausgezahlt oder Krankenstände extrem kurzfristig abgeschrieben. Das bedeutet, dass Krankgeschriebene erst ganz knapp davor darüber informiert werden, dass der Krankenstand in Kürze beendet wird oder sogar bereits beendet worden ist. Soll der Krankenstand verlängert werden, würden die Versicherten dann aufgefordert, binnen weniger Tage Facharztbefunde vorzulegen. Kurzfristige Termine bei Fachärzten seien aber nahezu unmöglich, erinnerte Panhölzl, außer man weiche auf Wahlärzte aus, was wieder Geld kostet. Warum die Versicherten nicht wie früher vom Vertragsarzt, der sie krankgeschrieben hat, wiederbestellt würden, sei unklar. Besonders in Wien und Niederösterreich dürften der Kasse Ärzte für Kontrolluntersuchungen fehlen, vermutet Panhölzl.

„Häufig werden Personen im Krankenstand von ihren Hausärzten zur Kontrolle und Überprüfung des Genesungsschritts wiederbestellt. Dort wo Versicherte diese Termine nicht wahrnehmen, muss die ÖGK hinsichtlich einer Verlängerung oder Beendigung mit dem Versicherten Kontakt aufnehmen“, heißt es dazu von Seiten der ÖGK auf „Presse“-Anfrage. Bei längeren Krankenständen, vor allem bei psychischen Erkrankungen, sei eine engmaschige Betreuung durch Fachärzte wichtig. Und: „Wo aufgrund des Verlaufes aus Sichtweise der begutachtenden Ärztinnen und Ärzten die Arbeitsaufnahme wieder möglich ist, werden die Versicherten sieben Tage vorab schriftlich informiert und eingeladen. (...) Sollte es für den Versicherten nicht möglich sein, zu den fachärztlichen Befund in der Frist von sieben Tagen zu kommen, wird in dem Informationsschreiben kommuniziert, dass auch die Möglichkeit hat, mit der ÖGK in Kontakt zu gehen, um den Begutachtungstermin nach dem Besuch des Facharztes zu vereinbaren.“ Viele Versicherte hätten den Befund jedoch aufgrund der laufenden medizinischen Betreuung im Regelfall parat.

Probleme gibt es laut AK auch mit fehlerhaftem oder überhaupt verweigertem Krankengeld. Im ersten Halbjahr habe man durch Interventionen knapp 180.000 Euro an Krankengeldern für die Betroffenen gesichert.

Im Gegensatz zu den anderen Sozialversicherungsträgern sei der Aufwand bei der ÖGK besonders groß, weil es keine klaren Zuständigkeiten und Ansprechpartner gebe, weshalb Interventionen oft lang dauerten. Wie viele Fehler bei der Vollziehung der ÖGK passieren, zeigt sich laut AK an der Erfolgsquote ihrer Interventionen: Von den 126 Interventionen bei der ÖGK in diesem Jahr seien 92 abgeschlossen, in 81 Fällen positiv, also im Sinne der AK-Klienten, hieß es.

Als Grund sieht die AK vor allem die Zusammenlegung der Krankenkassen zur ÖGK. In den Jahren 2018 und 2019, also vor der Fusion der Gebietskrankenkassen zur Gesundheitskasse, habe es jeweils ganzjährig bei allen Trägern zusammen nur 70 Interventionen gegeben. Die Kassenfusionierung sei überschießend gewesen, resümierte Panhölzl, und habe sich für die Versicherten zum Nachteil entwickelt. Von den versprochenen Vorteilen für Versicherte „ist aus unserer Sicht nichts eingetreten“. Es sei kein „zumutbares Serviceniveau gewährleistet“ und „die Situation wird nicht laufend besser, sie wird laufend schlechter“.

Aus diesem Grund fordert die AK Wien nun, die Zentralisierung zumindest teilweise wieder zurückzunehmen und manche Entscheidungsstrukturen wieder regional anzusiedeln.

Aus dem Gesundheitsministerium heißt es auf Nachfrage, man werde den Sachverhalt prüfen. Zum aktuellen Zeitpunkt könnten allerdings keine genaueren Aussagen getroffen werden. Gleichzeitig erinnert man daran, dass Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) die Sozialversicherungsreform von Türkis-Blau stets kritisch gesehen habe und diese Kritik auch vom Rechnungshof unterstützt wurde. (eho)


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