Am Graben steht eine bezahnte Vagina, im Stadionbad ihr historisches Pendant, die „schöne“ Nackte. Ihr Schöpfer? Eine ambivalente Figur.
Es mag der Saison geschuldet sein, dass die Vagina Dentata von Kris Lemsalu, die seit Kurzem am Graben steht, noch nicht zugeschnappt hat, dass sich gar so wenige vom barbierosanen Höllentor des Matriarchats bedroht fühlen. Ist es doch zielgenau auf die (phallische) Pestsäule und in gedanklicher Verlängerung auf den (phallischeren) Stephansdom gerichtet. An dessen Fassade sich übrigens, dezenter, aber immerhin, ebenfalls ein weibliches Geschlechtsorgan findet – als Bekrönung der rechten Halbsäule neben dem Riesentor. Das Gegenstück links ist ähnlich hübsch stilisiert. Sind es Fruchtbarkeitssymbole? Der genitale Norden und Süden? Nein, eine Markierung der Zuständigkeit, gibt Dom-Expertin Barbara Schedl uns Auskunft. Wurden am Riesentor im Mittelalter doch Ehen geschlossen und Ehebrüche verhandelt.
Angesichts der bezahnten Vagina muss man noch an ganz andere Brüche denken. Stilistische. Gesellschaftliche. Derart offenherzig wurde das Weibliche in Wien noch nie gefeiert. In der Kunst dominiert dabei immer noch barocke Üppigkeit. Sie kann einen völlig unvorbereitet überfallen. Wie beim Besuch des Stadionbads.