Lopatka: "Umweg über Brüssel nicht immer nötig"

Lopatka:
Lopatka: "Umweg über Brüssel nicht immer nötig"(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Staatssekretär Reinhold Lopatka fürchtet im "Presse"-Interview "Wahnsinnsbelastung" für Österreich.

Die Presse: Kanzlerin Angela Merkel hat in einem Interview vergangene Woche eine Debatte über die Kompetenzverteilung zwischen den EU-Institutionen und den Mitgliedstaaten angeregt. Was sagen Sie dazu?

Reinhold Lopatka: Die Diskussion hat durchaus Sinn. Man muss nicht immer den Umweg über Brüssel machen. Manche Fragen lassen sich besser auf nationalstaatlicher Ebene lösen.

Welche Bereiche sind das?

Die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik beispielsweise. Die SPÖ-Forderung, Sozialstandards europaweit zu vereinheitlichen, hat keinen Sinn. Zuerst müsste die Wettbewerbsfähigkeit ärmerer Staaten gestärkt werden. Sonst wäre das für Länder wie Österreich entweder ein Rückschritt – oder eine Wahnsinnsbelastung.

Wird mit der Forderung nach der Rückholung von Kompetenzen nicht eine Prämisse ad absurdum geführt, die auch Außenminister Michael Spindelegger in einem Positionspapier unterstützt – nämlich, dass die Institutionen durch mehr demokratische Legitimität gestärkt werden?

Keineswegs, denn dafür trete ich ja ein. Es geht darum, dass wieder stärker darauf geachtet werden muss, was in den Kompetenzbereich der Kommission fallen sollte – und wo das eben keinen Sinn hat. Eine Debatte darüber sollte bei einem europäischen Konvent spätestens Anfang des kommenden Jahres diskutiert werden. Dafür werde ich mich einsetzen.

In welchen Bereichen wünschen Sie sich mehr Zusammenarbeit auf Ebene der EU-Institutionen?

In jedem Fall in der Außen- und Sicherheitspolitik. Um öfter auf eine gemeinsame Linie zu kommen, sollte man darüber nachdenken, das Einstimmigkeitsprinzip aufzuheben. In Fragen der Währungspolitik wiederum muss es eine engere Zusammenarbeit der Euroländer geben – die anderen Staaten denken meist ohnehin nicht daran, sich weiterzuentwickeln. Das Europa der zwei Geschwindigkeiten gibt es also ohnehin längst.

Zur Person

Reinhold Lopatka ist seit September 2012 Staatssekretär im Außen- und Europaministerium von Michael Spindelegger (ÖVP). Davor war Lopatka schon Staatssekretär für Finanzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Staatssekretär Reinhold Lopatka
Europa

ÖVP will die Macht der EU eindämmen

Nach David Cameron und Angela Merkel fordert auch Staatssekretär Reinhold Lopatka, dass Brüssel Befugnisse an Nationalstaaten zurückgibt.
Lunacek: „ÖVP dankt als Europapartei ab“
Europa

Lunacek: „ÖVP dankt als Europapartei ab“

Ulrike Lunacek kritisiert im „Presse“-Gespräch die Forderungen von Staatssekretär Lopatka, manche Kompetenzen aus Brüssel abzuziehen.
PODIUMSDISKUSSION 'BIG DATA IN DER EU': KARAS
Europa

Karas: „Wien oder Brüssel ist nicht die Frage“

EU-Parlamentsvizepräsident Othmar Karas fordert eine Versachlichung der Debatte über Kompetenzverteilungen zwischen EU und Mitgliedstaaten.
Leitartikel

Weniger Europa wäre manchmal mehr

Die Europäische Union ist ein Organismus, der fast zwanghaft immer mehr Kompetenzen an sich rafft. Diese Organisationslogik zu durchbrechen wird schwer.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.