Einkommen: „Chance ist hoch, Armut zu entkommen“

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In kaum einem anderen Land der Europäischen Union schaffen so viele den Weg aus der untersten Einkommensschicht wie in Österreich, sagen die Experten von Eco Austria.

Wien/G.H. Anfang Juli sorgte ein „Presse“-Bericht mit dem Titel „Österreich: Sozialer Aufstieg gelingt oft“ für Wirbel. Eine Untersuchung der Industriellenvereinigung basierend auf Daten der Statistik Austria kam zu dem Schluss, dass die Mobilität bei den Einkommen nur in Großbritannien annähernd so hoch ist wie in Österreich.
Armut – aber auch Wohlstand – sei demnach nicht fix verankert. Sehr vielen Menschen mit niedrigen Einkommen gelinge binnen kurzer Zeit ein sozialer Aufstieg. Die Aussage stieß vor allem bei Arbeiterkammer, Gewerkschaften und Statistik Austria auf Widerstand. Schließlich sei doch allseits bekannt, dass die Reichen reicher und die Armen ärmer werden.

Nun nahm sich das liberale Wirtschaftsforschungsinstitut Eco Austria der Materie an – und kam gestützt auf EU-Daten und jenen der Statistik Austria ebenfalls zu dem Ergebnis, „dass die Chancen, die eigene Situation in Österreich zu verbessern, deutlich besser sind als anderswo in Europa“, wie Wirtschaftsforscher Ulrich Schuh betont. Gestützt auf die EU-Silc-Daten aus den Jahren 2010 und 2011 kommt Eco Austria zu dem Schluss, dass jeder Zweite im untersten Einkommensbereich (die untersten zehn Prozent) ein Jahr später in eine höhere Einkommensklasse aufgestiegen ist. Nur in Großbritannien und Spanien gab es ähnlich hohe Werte. Hingegen ist in Ländern wie Schweden und Finnland der soziale Aufstieg – allerdings auch der Abstieg – viel schwieriger. In Schweden verharrten 68,5 Prozent bei den verfügbaren Haushaltseinkommen im untersten Zehntel, in Finnland 71,2 Prozent.

„Momentaufnahmen täuschen“

Klar scheint für Schuh, dass Armutsgefährdung stark mit Beschäftigung korreliert. In der Regel befinden sich im untersten Dezil (zehn Prozent) jene, die keiner geregelten Arbeit nachgehen. Doch da Arbeitslosigkeit in Österreich im Vergleich zu anderen EU-Ländern nicht verfestigt ist, findet eine Durchmischung statt. Im Schnitt sind in Österreich 300.000 Menschen arbeitslos. Tatsächlich sind im Laufe eines Jahres aber 800.000 von Arbeitslosigkeit betroffen. Die meisten finden relativ schnell wieder einen Job. Ähnlich verhält es sich mit den knapp eine Million Österreichern, die laut Armutskonferenz armutsgefährdet sind. Auch dabei handelt es sich um eine Momentaufnahme.

„Wir lassen uns aber oft von solchen Momentaufnahmen täuschen“, betont Schuh. Das Problem stellen jene dar, die in den untersten Einkommensschichten bzw. in der Arbeitslosigkeit verharren. „Um die müssen wir uns kümmern“, sagt der Wirtschaftsforscher. Doch deren Anteil sei in Österreich vergleichsweise niedrig. „Da eben die Chance, der Armut zu entkommen, in Österreich größer ist als in anderen europäischen Ländern“, sagt Schuh, verhehlt aber nicht, dass aufgrund der hohen Mobilität der Einkommen gleichzeitig das Risiko größer ist, kurzfristig einen Einkommensverlust bzw. Arbeitslosigkeit in Kauf zu nehmen.

Also doch noch eine gute Nachricht für Sozialalarmisten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2013)

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