Tschechien: Linke attackiert Kirchenrestitution

Czech President Zeman reacts as he answers questions from media during a news conference in Prague
Czech President Zeman reacts as he answers questions from media during a news conference in PragueREUTERS
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Die neue Front aus Sozialdemokraten, Kommunisten und Zemanisten stellt die Rückgabe von Kircheneigentum in Frage und will das Volk darüber abstimmen lassen.

Prag. Bis aufs Messer hatten die tschechischen Linksparteien die Rückgabe des nach 1948 von den Kommunisten verstaatlichten Eigentums der Kirchen jahrelang bekämpft. Vergeblich: Ein entsprechendes Gesetz gilt seit einem Jahr und ist danach auch noch vom Verfassungsgericht gegen einen Einspruch der Sozialdemokraten bestätigt worden. Doch selbst diese glasklare rechtliche Lage hält Sozialdemokraten (CSSD), Kommunisten (KSCM) und die Partei des Staatspräsidenten Milos Zeman (Zemanovci) nicht ab, eine neue Attacke zu reiten.

Wie in einer konzertierten Aktion preschte zunächst die KSCM mit der Forderung nach einem Referendum vor. Am Freitag schloss sich die CSSD diesem Verlangen im Prinzip an. Für die Zemanovci hatte schon deren Ehrenvorsitzender Zeman in seinem Präsidentschaftswahlkampf ein Referendum über die Kirchenrestitution verlangt. Die an alte sozialistische Zeiten gemahnende neue „Nationale Front“ verweist darauf, dass 80 Prozent der Tschechen das Gesetz laut Umfragen ablehnen.

Kompensation in Milliardenhöhe

Das von den bürgerlichen Parteien mit den Kirchen mühsam ausgehandelte Gesetz sieht die Rückgabe von früherem Kircheneigentum im Wert von umgerechnet drei Milliarden Euro vor. Als Kompensation für nicht mehr zu restituierendes Eigentum sollen die Kirchen über einen Zeitraum von 30 Jahren zudem umgerechnet 2,36 Milliarden Euro erhalten. Der Staat zieht sich im Gegenzug aus dem Kirchenleben zurück, zahlt beispielsweise keine Priester-Gehälter mehr.

Für die Linken war das Gesetz von Anfang an ein „großer Schwindel“. Die CSSD versuchte mit einer landesweiten Plakataktion den Eindruck zu erwecken, den Kirchen werde ein riesiges „Geschenk“ gemacht. Bei den Kommunisten gab es nicht nur in dieser Frage noch nie so etwas wie ein Unrechtsbewusstsein. Dabei hatte das Verfassungsgericht den Parteien gleich nach der „Wende“ 1989 aufgetragen, die Schuld gegenüber den Kirchen und Religionsgemeinschaften schnellstmöglich zu tilgen. Das unwürdige Tauziehen dauerte schließlich mehr als zwei Jahrzehnte. Tschechien wurde auf diese Weise zum letzten Land des früher kommunistisch beherrschten Teils Europas, das einen Ausgleich mit den Kirchen zustande brachte.

Jetzt soll daran wieder gerüttelt werden. CSSD-Chef Bohumil Sobotka kündigte am Freitag an, „sofort“ nach den Parlamentswahlen im Oktober mit den Kirchen „neu verhandeln“ zu wollen. Es gehe vor allem darum, „die Kompensationszahlungen zu senken“. Außerdem wolle man schärfer jeden einzelnen Fall der Rückgabe untersuchen. Es bestehe der Verdacht, so Sobotka, dass auch Eigentum an die Kirchen gegeben werde, das schon vor der Machtergreifung der Kommunisten 1948 an den Staat gegangen sei. Schließlich werde man rechtliche Möglichkeiten für ein Referendum ausloten.

„Nichts als populistisches Geschrei“

Die Kirchen reagierten zunächst zurückhaltend. Der Prager Erzbischof, Kardinal Dominik Duka, nannte das Vorpreschen der Kommunisten einen bloßen Wahlkampfschlager. Er verteidigte den Ausgleich mit dem Staat, weil dieser der gesamten Gesellschaft zugutekomme. Und er erinnerte daran, dass das Gesetz über die Eigentumsrückgabe „ein 20 Jahre währendes, nicht haltbares Provisorium“ beendet habe.

Ex-Finanzminister Miroslav Kalousek warnte nachdrücklich davor, an dem Gesetz zu rütteln. Ein Referendum würde „jede Eigentumssicherheit in Frage stellen“. Auch Kommunistenchef Vojtech Filip wisse als gelernter Jurist ganz genau, dass die erzielte Vereinbarung mit den Kirchen nur neu aufschnürbar sei, wenn dazu auch die Kirchenseite bereit sei. Insofern sei der Vorstoß „nichts anderes als populistisches Geschrei“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2013)

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