Leitl will schon 2014 Pensionsreform mit Anreizmodell

NATIONALRAT: BUDGETREDE - LEITL
NATIONALRAT: BUDGETREDE - LEITLAPA/ROLAND SCHLAGER
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Der Wirtschaftskammer-Präsident nennt das Nein der SPÖ zu einer früheren Pensionsalter-Angleichung "unsozial".

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl hat nicht nur Sorge um den Standort im Allgemeinen, sondern auch um das Pensionssystem im Speziellen. Daher ist seiner Ansicht nach bereits im kommenden Jahr eine neue Pensionsreform mit Anreiz-Modellen möglich. Dass die SPÖ sich darauf festgelegt hat, eine vorzeitige Angleichung des Frauenpensionsalters zu verhindern, hält Leitl im APA-Interview für "unsozial".

Der Kammerpräsident meint, dass die Frauenpensionen nur halb so hoch seien wie die Ruhensbezüge der Männer. Wenn man Frauen also weiter mit 60 in die Pension schicke, werde dieser Zustand prolongiert, so Leitl Bezug nehmend auf die geringere Zahl an Beitragsjahren, die wiederum zu niedrigeren Pensionen führt.

Geht es nach Leitl, müsste man aber ohnehin insgesamt einen anderen Reformansatz wählen, nämlich dass für Arbeit über das Regelpensionsalter hinaus Arbeitgeber- und Dienstnehmer profitieren. Diesem Modell zur Folge würden die Versicherten 25 Prozent ihrer fiktiv errechneten Pension zusätzlich zum regulären Einkommen erhalten. Weitere 25 Prozent bekäme der Betrieb und 50 Prozent blieben im Pensionssystem.

Diesem von der Kammer schon länger propagierte Modell will Leitl Schwung verleihen, indem er vorschlägt, es bereits 2014 für ein Jahr zu testen. Einem von den Arbeitnehmer-Vertretern favorisierten Bonus/Malus-Konzept mit Bußen für jene Betriebe, die nicht ausreichend ältere Mitarbeiter beschäftigen erteilt der Kammerpräsident dagegen eine Absage. Ihm seien Anreize immer lieber als Strafen.

Schon kommendes Jahr sollen auch die Lohnnebenkosten sinken, wenn es nach dem Kammerchef geht. Jeweils 0,1 Prozent bei Unfall- und Arbeitslosenversicherung sind aus seiner Sicht machbar. Das seien zwar keine Riesen-Beträge, es würde sich aber um ein "Signal der Umkehr" handeln.

Auf ÖVP-Linie ist Leitl, was das Nein zu einer baldigen Steuerreform angeht, da man den Budgetpfad zum Nulldefizit bis 2016 einhalten müsse. An sich wäre aber auch für den Präsidenten eine Entlastung vor allem für den Mittelstand "dringlich". Als vorbildlich sieht Leitl auch an, dass sich die Niederlande durch eine Senkung der Unternehmenssteuern als Standort wieder attraktiviert hätten.

"Schleierhaft" ist dem Kammer-Chef die wieder ausgebrochene Debatte über die im ÖVP-Wahlprogramm verankerte Arbeitszeit-Flexibilisierung. Denn eigentlich seien die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen dafür ja schon längst getroffen worden. Zu schleppend verlaufe nur die Umsetzung auf Kollektivvertragsebene. Die stärkere Flexibilisierung an sich argumentiert Leitl damit, dass diese "im Sinne der Job-Sicherheit ist". Denn ohne entsprechende Maßnahmen würden die Arbeitnehmer bei einer Auftragsflaute oft gekündigt werden müssen.

Die auslaufende Legislaturperiode bilanzierend findet Leitl vor allem positive Worte, was die - unter starker Beteiligung der Sozialpartner erfolgte - Krisenbewältigung angeht und dass das Land gut verwaltet sei. Ansonsten fehlt dem Präsidenten aber Reformgeist. Denn während Österreich bis 2007 mit der Schweiz und Schweden gleichauf gewesen sei, habe seit damals ein Rückfall gegenüber den anderen beiden ähnlich großen Staaten stattgefunden.

Als Beispiel für den fehlenden Reformeifer nennt Leitl das Bildungssystem, wo man sich in Diskussionen über ein neues Lehrer-Dienstrecht erschöpfe, ohne überhaupt zu wissen, was man vom Schulsystem wolle. Zuerst müsste eigentlich diese Frage geklärt werden, ehe solch eine Debatte sinnvoll sei. Insofern ist Leitl auch der Meinung, dass vorderhand gar kein neues Lehrer-Dienstrecht nötig sei.

In Fragen der Organisation des Schulwesens will sich der Kammer-Chef nicht auf eines der Modelle - also gemeinsame Schule oder AHS-Langform - festlegen, er plädiert aber dafür sich anzusehen, wie das (Gesamtschul-Vorzeigeland, Anm.) Finnland zu seinen guten Ergebnissen komme. Denn dort könne jeder nach der Schule rechnen, schreiben und lesen, was man in Österreich nicht behaupten könne.

(APA)

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