Wohnbauanleihen als Rettung in der Zinsflaute?

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Anleihen. Wohnbauanleihen bieten derzeit passable (steuerfreie) Zinssätze. Zumindest im Vergleich zu Sparbüchern. Doch sind die Laufzeiten relativ lang. Eines ist aber klar: So bieder, wie sie einst waren, sind die Produkte nicht mehr.

Wien/Ker. Es scheint, als würde ein Anlageprodukt wieder en vogue werden, das jahrelang als bieder verschrien war: die Wohnbauanleihe. So preist etwa die Erste Group auf ihrer Privatanleger-Website ihre Fixzins-Wohnbauanleihe an prominenter Stelle an. Keine Frage, in Zeiten extrem niedriger Sparbuchzinsen muss man Ausschau nach Alternativen halten. Die Wohnbauanleihe der Erste etwa bietet einen jährlichen Zins von 2,4 Prozent. Das hört sich ganz passabel an. Und es kommt noch besser: Von diesem Zinsertrag muss der Anleger keine Kapitalertragsteuer an den Fiskus abgeben. Denn bei Wohnbauanleihen sind Zinsen bis zu vier Prozent steuerfrei – derzeit also die ganzen Zinsen.

Steuerzuckerl hebt die Rendite

Ein klarer Punktsieg gegenüber Unternehmens- und Staatsanleihen. Zur Veranschaulichung: Bei einer Staatsanleihe wird der jährliche Kupon mit 25 Prozent besteuert. Diese Anleihe müsste demnach eine jährliche Verzinsung von 3,2 Prozent aufweisen, damit sie netto (also nach Abzug der Steuer) genauso viel abwirft wie die 2,4-Prozent-Wohnbauanleihe. Daran erkennt man, welch große (Rendite-)Last die Steuer ist.

Aber zurück zur Wohnbauanleihe der Erste. Ein Szenario: Dem Anleger sind die garantierten Sparbuchverluste zu dumm, er will 5000 Euro in die Wohnbauanleihen investieren (ISIN: AT000B116181) und die jährlichen 2,4 Prozent einstreifen. Da werden gleich zwei Nachteile sichtbar:
•Die restliche Laufzeit macht noch fast elf Jahre aus. Erst dann kann man sicher sein, dass man die 5000 Euro wieder zurückbekommt (Tilgung). Das ist schon ein relativ langer Anlagezeitraum.
•Damit man nach den elf Jahren tatsächlich 5000 Euro zurückbekommt, muss man derzeit jedoch rund 5070 Euro berappen. Der Anleihekaufkurs liegt über dem Nennwert, das macht die Anleihe teurer und drückt die Rendite.

Immerhin gibt es 2,4 Prozent jährlich. Reicht dieser nominelle Zinssatz aus, damit der Kunde sein Geld netto vor einem Kaufkraftverlust schützen kann? Unter dem Strich erzielt der Anleger eine jährliche Rendite von fast zwei Prozent (dabei sind der höhere Kaufpreis sowie Depotspesen berücksichtigt, aber auch die Tatsache, dass die Zinsen auf dem Sparbuch wiederveranlagt werden). Wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Ziel einhält und dadurch die jährliche Inflationsrate bei zwei Prozent liegt, hätte der Anleger nur einen kleinenRealverlust zu verkraften. Das ist im aktuellen Zinsumfeld nicht übel.

Aber: Keiner weiß, was mit den Zinsen in den nächsten Jahren passiert. Vielleicht steigen die Marktzinsen stark an, dann würde eine Fixzinsanleihe mit derart langer Laufzeit an Attraktivität verlieren (und Anleihen mit variabler Verzinsung könnten besser abschneiden). Dann sitzt der Anleger in einer Zwickmühle. Denn der Ausstieg bei Wohnbauanleihen ist nicht immer so einfach wie bei den hochliquiden Staatsanleihen. Für Wohnbauanleihen gibt es kaum einen Handel an der Börse. „Es gibt bei vielen Anleihen einen gut funktionierenden außerbörslichen Handel. Im Normalfall sollte der Kunde daher keine Schwierigkeiten haben, wenn er seine S-Wohnbauanleihe bei uns (also der Erste Group, Anm.) verkaufen möchte“, beantwortet die Erste eine Anfrage der „Presse“. Dennoch wird der Anleger wohl mit einer größeren Spanne zwischen Ankaufs- und Verkaufspreis rechnen müssen. Das drückt die Rendite.

Aber aus heutiger Sicht, bei so niedrigen Zinsen, erscheint eine jährliche Nettoverzinsung von zwei Prozent ganz okay. Das zeigt auch der Vergleich mit den Zinssätzen der exotisch klingenden Direktbanken: Die Denizbank bietet ein zehnjähriges Sparbuch mit einem Zinssatz von 2,8 Prozent pro Jahr an. Nach Steuern würden dem Anleger knapp mehr als zwei Prozent Nettoertrag übrig bleiben. Sollte die Bank pleitegehen, kann der Sparer allerdings auf die Einlagensicherung hoffen.

Staatsanleihe bringt weniger

Bei der Wohnbauanleihe gibt es dieses Sicherheitsnetz nicht, da trägt der Kunde das Emittentenrisiko.

Als sicher gelten (noch immer) Staatsanleihen von Österreich. An der Börse können Anleger etwa eine Anleihe mit zehnjähriger Restlaufzeit kaufen (ISIN: AT0000A105W3). Der jährliche Kupon macht zwar nur 1,75Prozent aus, dafür bekommt man die Anleihe zu einem billigen Preis (unter pari).

Wenn der Anleger jetzt 5000Euro (Nennwert) investiert und das Papier bis zum Ende der Laufzeit behält, würde er aber eine jährliche Rendite von nur rund 1,5Prozent einstreifen– auch, weil der Fiskus hier voll zuschlägt. In dieser Hinsicht sind Wohnbauanleihen privilegiert.

Was Sie beachten sollten bei... Wohnbauanleihen

Tipp 1

Laufende Kosten. Bei Wohnbauanleihen sind Zinsen bis zu vier Prozent steuerfrei. Damit landen sie einen Punktsieg gegenüber Staats- und Unternehmensanleihen. Das heißt aber nicht, dass die Wohnbauanleihen kostenfrei sind, schließlich muss die Bank dabei auch etwas verdienen. Die Erste Group etwa zieht beim Anleger eine Mindestdepotgebühr von 4,6Euro pro Quartal ab. Das sind 18Euro jährlich, die die Rendite nach unten drücken.

Tipp 2

Lange Laufzeit. Wohnbauanleihen haben einen großen Nachteil: Ihre Laufzeit ist im Normalfall sehr lange, meistens länger als zehn Jahre. Das Problem ist, dass man diese Anleihen nicht so leicht verkaufen kann, da der Handel an der Börse eingeschränkt ist. Zwar nehmen die Banken die Anleihen zurück. Aber das ist mit (renditedrückenden) Kosten verbunden, da hier die Spanne zwischen Ankaufs- und Verkaufspreis meistens höher liegt.

Tipp 3

Wiederanlage der Zinskupons. Bei Wohnbauanleihen werden mitunter die Zinskupons monatlich ausbezahlt, wie bei der Erste-Wohnbauanleihe (ISIN: AT000B116181), die eine Laufzeit von elf Jahren und eine fixe Verzinsung von 2,4 Prozent p.a. hat. Das Geld aus diesen Zinskupons kann der Anleger nebenbei auf einem Sparbuch regelmäßig wiederveranlagen. Das steigert insgesamt die Rendite, vor allem dank des Zinseszinseffektes.

Tipp 4

Nettorendite. Die Rendite der Wohnbauanleihen ist derzeit gar nicht so bieder wie ihr Image. Mit der Wohnbauanleihe der Erste Group, die diese derzeit auf ihrer Website anpreist, erzielt der Anleger in elf Jahren eine jährliche Rendite von fast zwei Prozent. Klingt ganz passabel. Aber: Die Laufzeit ist schon enorm, in elf Jahren kann auf den Zinsmärkten viel passieren – und Fixzinsanleihen könnten bei ansteigenden Marktzinsen an Attraktivität verlieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2013)

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