Missbrauch: Klasnic begrüßt strenge Regeln

Archivbild: Waltraud Klasnic bei einem ''Presse''-Interview im Jahr 2011.
Archivbild: Waltraud Klasnic bei einem ''Presse''-Interview im Jahr 2011.(c) Bruckberger
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Die Opferschutzanwältin stimmt dem Urteil, laut dem ein Kloster für einen Priester haftet, zu. Bringt das Urteil auch neue Klagschancen für Wiener Heimkinder?

WIEN/D. N./Aich. „Das ist im Interesse des Opferschutzes und der Sensibilisierung der Bevölkerung und daher positiv." So kommentiert die von der katholischen Kirche eingesetzte Opferschutzanwältin Waltraud Klasnic am Mittwoch auf „Presse"-Anfrage die jüngste Justiz-Entscheidung.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte befunden, dass ein Kloster haftet, wenn es einen pädophilen Priester trotz Wissens um dessen Neigung im Internat einsetzt (die „Presse" berichtete am Mittwoch exklusiv) und Straftaten begeht. Auch jenen Opfern von Mitarbeitern der katholischen Kirche, denen von der Klasnic-Kommission Entschädigungszahlungen zugesprochen wurden, ist der Weg zu Gericht nicht verwehrt. „Mit der Annahme einer Hilfeleistung durch ein Opfer ist kein Verzicht auf die Geltendmachung weiter gehender Ansprüche auf dem ordentlichen Rechtsweg und selbstverständlich auch keine Schweigepflicht verbunden", heißt es in den Statuten der Kommission.

In dem nun entschiedenen Fall lag keine Verjährung vor, obwohl er in den 1980er-Jahren geschah. Das Kloster hatte sich auf die dreijährige Verjährungsfrist berufen, die zum Klagszeitpunkt im Vorjahr längst abgelaufen sei. Der OGH gab dem Opfer recht, weil dieses erst 2012 erfahren hatte, dass das Internat von der Pädophilie des Priesters wusste.

Und die Wiener Heimkinder?

Gibt das Urteil, dass Institutionen selbst in die Pflicht nimmt, auch Wiener Heimkindern neue Klagschancen? „Ausgeschlossen ist das nicht", sagt Barbara Helige, Vorsitzende jener Kommission, die Fälle im Heim am Wilhelminenberg untersuchte. „Wir haben ein Organisationsverschulden der Stadt konstatiert", betont sie.

Allerdings schloss das Heim am Wilhelminenberg 1977. Und man müsse auch die absolute Verjährungsfrist beachten, sagt Ernst Karner, Professor an der Universität Wien. 30 Jahre nach Schadenseintritt könne man nicht mehr klagen, egal welche neuen Erkenntnisse es nun gibt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29. August 2013)

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