Illegale Geldflüsse an ÖVP und SPÖ?

Illegale Geldflüsse an ÖVP und SPÖ?
Illegale Geldflüsse an ÖVP und SPÖ?APA/HERBERT PFARRHOFER
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Ein Sachverständigengutachten soll Details zu einer möglichen illegalen Parteienfinanzierung der ÖVP durch Telekom, Lotterien sowie Raiffeisen Oberösterreich aufdecken.

Der Zeitpunkt ist für ÖVP und SPÖ äußerst ungünstig, manche würden sagen: verdächtig. Mitten im Wahlkampf scheinen sich die Vorwürfe in Sachen möglicher illegaler Parteienfinanzierung zu verdichten. In einem Sachverständigengutachten, das im Zuge der Telekom-Ermittlungen kürzlich fertig gestellt wurde, sollen sich Details über angebliche Geldflüsse finden, über die bereits seit Längerem spekuliert wird. Das berichtet das Magazin „News“ in seiner aktuellen Ausgabe.

So sollen den Jahren 2005 und 2006 – Kanzler und Parteichef war damals Wolfgang Schüssel – mittels Scheinrechnungen Gelder von der Telekom, sowie auch von den Lotterien und von Raiffeisen Oberösterreich an die Agentur Mediaselect geflossen und dann für ÖVP-Kampagnen verwendet worden sein. Konkret sollen 190.800 Euro über die Firma Valora des Lobbyisten Peter Hochegger an die Agentur Mediaselect gegangen sein, von den Lotterien 72.960 Euro sowie 50.000 Euro von Raiffeisen Oberösterreich. Das Geld soll dort umgehend auf ein Konto mit dem Namen „ÖVP-Topf“ verbucht worden sein.

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Die Details sollen aus E-Mails, Computerdaten und Unterlagen stammen, die bei einer Hausdurchsuchung bei der Mediaselect im Rahmen der Telekom-Affäre beschlagnahmt wurden. Auch Hochegger habe gegenüber der Staatsanwaltschaft von diesen Geldflüssen gesprochen. „Im Rechnungstext wurden von mir Scheinleistungen formuliert, vermutlich um Geld an die ÖVP fließen lassen und ich wusste damals davon. Auch im Jahr 2005 werde ich schon derart Scheinrechnungen bezahlt haben“, wird Hochegger zitiert.

Ex-SP-Telekomsprecher: "Eingekaufte Gunst"

Auch Geldflüsse in Richtung SPÖ soll das Gutachten bestätigen. Der frühere Telekom-Sprecher der Partei, Kurt Gartlehner, soll insgesamt 127.200 von der Telekom erhalten haben. "Eingekaufte Gunst zugunsten der Telekom", schreibt der Gutachter laut "News". Außerdem habe der der SPÖ nahestehende Echo-Verlag mehr Geld von der Telekom erhalten, als bisher bekannt. Insgesamt seien 72.000 Euro geflossen - bei 24.000 Euro davon habe es sich um eine "Parteispende für den Nationalratswahlkampf der SPÖ" gehandelt. Die damit offiziell bezahlte Leistung sei "nicht nachvollziehbar".

Die Vorwürfe sind nicht völlig neu: So bestätigte die Staatsanwaltschaft Wien vor rund einem Monat, dass es im Zuge der Telekom-Affäre weitere Ermittlungen wegen möglicher Parteispenden gebe in Richtung ÖVP und SPÖ gebe. Schon während des Telekom-Prozesses sprach Hochegger von Zahlungen an Firmen im Umfeld der Koalitionsparteien. „Die Presse“ hatte bereits im Jahr 2011 exklusiv über derartige Verflechtungen und über mutmaßliche illegale Parteienfinanzierung berichtet.

Gartlehner musste 2012 seine Funktion wegen seiner Geschäftskontakte zur Telekom zurücklegen. Vorwürfe illegaler Geldflüsse bestreitet er ebenso wie der Echo-Verlag. Gartlehner räumte am Donnerstag zwar ein, zweieinhalb Jahre für die "Valora" tätig gewesen zu sein - aber nicht im Telekom-Bereich. Außerdem habe er "keine Scheinrechnungen, sondern nur welche für tatsächliche Leistungen" gestellt. Und er betonte, dass die "SPÖ davon keinen Schilling gesehen hat". Auch der Echo-Verlag weist die Vorwürfe zurück. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos betonte, in Sachen Telekom sei kein Cent und kein Euro an seine Partei geflossen.

ÖVP: "Alte Vorwürfe hochgespielt"

Die Volkspartei spricht nun von einer „Inszenierung“ zu Wahlkampfzwecken. Es handle sich lediglich um die Wiedergabe altbekannter Ermittlungsstände, sagte ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch. Kurz vor der Nationalratswahl in gut vier Wochen werde nun offenbar versucht, „diese alten Vorwürfe hochzuspielen“, so Rauch. Sollte sich herausstellen, dass tatsächlich zu Unrecht Gelder an die ÖVP geflossen seien, werden man diese selbstverständlich zurückzahlen, so Rauch. Nach seinem derzeitigen Wissensstand könne er aber ausschließen, dass Gelder an ein Konto gegangen seien, für das die ÖVP verfügungsberechtigt war.

Die Staatsanwaltschaft Wien erklärte am Donnerstag, die Ermittlungen gegen die Agenturen White House, Mediaselect sowie Echo seien noch nicht abgeschlossen. Formal ermittelt werde derzeit nicht wegen möglicher illegaler Parteienfinanzierung, sondern wegen des Verdachts der Abgabenhinterziehung - etwa über Scheinrechnungen. White House ist die Agentur, über die Hocheggers Valora den Jugendwahlkampf der Jungen ÖVP  gezahlt hat, wie eine Miteigentümerin schon im Vorjahr bestätigte - sie habe aber nicht gewusst, dass dafür Telekom-Gelder verwendet worden sei.

(Red./APA)

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