Hochegger: „Ich war dumm und naiv, ich hab's nicht hinterfragt"

KORRUPTIONS-U-AUSSCHUSS: HOCHEGGER
KORRUPTIONS-U-AUSSCHUSS: HOCHEGGERAPA/HERBERT NEUBAUER
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Interview. Der PR-Profi spricht über die Geschäfte mit der Telekom: Geld floss in großem Stil zur ÖVP und SPÖ.

Wien. Er hat jetzt keinen Grund mehr, sich ein Blatt vor den Mund zu nehmen: Peter Hochegger, einst Chef der größten PR-Agentur Österreichs und viel beschäftigter Lobbyist, ist nun einer der Hauptbeschuldigten im größten Korruptionsskandal der Zweiten Republik. Es geht um die millionenschweren Geldflüsse von der Telekom Austria an Politiker und Parteien, an Funktionäre und Manager im Zeitraum ab dem Jahr 2000. Die Drehscheibe: Hocheggers Firma Valora, die er zusammen mit den Telekom-Managern Rudolf Fischer und Gernot Schieszler im Konzern als „Firma in der Firma" nützte. Die Nutznießer - das waren keineswegs nur die FPÖ und dann das BZÖ, wie man aufgrund der bisherigen Strafverfahren vermuten könnte. Auch die beiden großen Regierungsparteien ÖVP und SPÖ profitierten vom Geldregen.

„Die Telekom hat mir damals nicht gesagt, dass das Geld in die ÖVP geht", sagt Hochegger am Donnerstag zur „Presse" in einem seiner raren Interviews. „Heute liegt das natürlich auf der Hand." Konkret bezieht sich Hochegger auf Geldflüsse in den Jahren 2005, 2006, die über die Agentur Media-Select abgewickelt worden sind. Die SPÖ sei ebenso - allerdings über andere Kanäle - bedacht worden.

Subfirmen wurden zwischengeschaltet

„Ich kannte die Deals der Telekom mit der Politik nicht", sagt Hochegger. Aber es könne doch nicht sein, dass ein im PR-Geschäft so versierter Profi wie er nicht wenigstens Vermutungen angestellt habe? „Ich war dumm und naiv, ich hab's einfach nicht hinterfragt." Nachsatz (mit einem leichten Amüsement in der Stimme): „Es war mir auch wurscht."

Es sei in der Branche nicht unüblich, dass Konzerne für diverse Werbe- und PR-Aufträge Subfirmen beschäftigen, plaudert Hochegger aus der Schule. Also habe er im konkreten Fall auch nichts dabei gefunden, dass die Media-Select eingeschaltet worden sei. „Die war der Partner der Telekom."

Im Falle der SPÖ sei unter anderem der den Sozialdemokraten nahestehende Echo Verlag benützt worden. Wie es abgelaufen sei? Ganz einfach: „Die Telekom hat gesagt, Hochegger mach' bitte Sponsoring und hat mir einen Auftrag gegeben. Dann hieß es, dafür schickt dir die Media-Select eine Rechnung und du bezahlst das." Und so habe er es auch gemacht.

Neun Millionen ohne Leistung

16 Projekte mit einem Volumen von rund neun Millionen Euro im Zeitraum 2004 bis 2008 hat zuerst die Telekom-interne Revision und dann die Staatsanwaltschaft Wien ausgemacht. Bei allen konnten keine nachweisbaren Leistungen bewiesen werden. Alle Geschäfte liefen über die Valora, weshalb sie auch bei der Justiz unter diesem Titel zusammengefasst sind und auch so zur Anklage gebracht werden dürften. Wann es so weit sein wird?
„Das Gutachten liegt vor, also wird es nicht mehr so lange dauern, aber das Verfahren beginnt sicher erst nach den Wahlen", glaubt Hochegger. Sicher auf der Anklagebank werden er und Rudolf Fischer sitzen, Schieszler sei ja inzwischen Kronzeuge. Von seinen Aussagen hänge es auch wesentlich ab, wer auf politischer Seite angeklagt wird. Angesichts des enormen Umfangs dürfte es auf der Anklagebank ein ziemliches Gedränge geben.

Trotz der weit verzweigten und zum Teil verschlungenen Geschäfte kann sich Hochegger sehr gut erinnern - möglicherweise auch, weil er bei den diversen Verhören sein Gedächtnis auffrischen konnte. „Bei der Media-Select ging es um drei Rechnungen über insgesamt 190.000 Euro." Offiziell habe man eine Studie rund um die Regulierung in Rechnung gestellt.

Das sei aber nur ein kleiner Fisch gewesen im Vergleich zu anderen Projekten. So habe etwa die Telekom beim Kauf des kleinen Festnetzanbieters eTel viel Geld springen lassen, was gleich auf mehrere Projekte aufgeteilt worden ist. So etwa habe der frühere eTel-Chef Achim Kaspar 300.000 Euro erhalten. Kaspar hat dies auch bestätigt. Er habe die Telekom nach dem Kauf noch ein Jahr bei der eTel-Integration unterstützt und zu seinem Gehalt als Geschäftsführer eine Art „Provision" erhalten, sagte er als Erklärung.

Ein weiteres Projekt habe sich um das Telekom-eigene Fernsehen AON-TV gedreht, erinnert sich Hochegger vage. Genauer wird er bei einem anderen Vorhaben. Dabei sei es um die Mobilfunkmasten und deren gesundheitliche Auswirkungen gegangen. „Da floss Geld zur FPÖ über die ,Neue Freie Zeitung‘." Das habe Walter Meischberger abgewickelt. Geld sei unter anderem auch bei der Besetzung des Geschäftsführerpostens des Bundesrechenzentrums geflossen. „Aber dafür gab es auch eine echte Leistung." Dass für ihn bzw. die Valora bei den Geschäften auch etwas herausgesprungen ist, sei klar. „Ein Teil floss in die Valora."

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30. August 2013)

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