Schweiz: Ackermann geht nach Managersuizid

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Nach dem Suizid des Zurich-Finanzvorstands tritt Aufsichtsratschef Ackermann zurück. In der Schweiz wird über den psychischen Druck im Topmanagement diskutiert.

Wien/Zürich. Josef Ackermann war lange Zeit der Star in der Finanzbranche. Er war der erste Ausländer, der es an die Spitze der Deutschen Bank schaffte. Einmal verkündete er stolz ein Rekordergebnis und gab gleichzeitig den Abbau von tausenden Mitarbeitern bekannt. Auch in der Pension ist der Schweizer für viele Unternehmen tätig. Als Siemens-Aufsichtsrat spielte er eine wichtige Rolle, als es um die Nachfolge von Generaldirektor Peter Löscher ging.

Am Donnerstag ist Ackermann überraschend als Verwaltungsratspräsident der Schweizer Zurich zurückgetreten. Die Zurich-Gruppe gehört zu den führenden Versicherungskonzernen Europas. Ackermann geht, nachdem sich zu Wochenbeginn Zurich-Finanzvorstand Pierre Wauthier das Leben nahm. Der unerwartete Tod des Managers habe ihn „zutiefst erschüttert“, so Ackermann. Rätselhaft sind seine weiteren Ausführungen: „Ich habe Grund zur Annahme, dass die Familie meint, ich solle meinen Teil der Verantwortung hierfür tragen, ungeachtet dessen, wie unbegründet dies objektiv betrachtet auch sein mag.“ Er habe sich für den sofortigen Rückzug entschieden, „um jegliche Rufschädigung zulasten von Zurich zu vermeiden“. Es ist unklar, was Ackermann damit meint.

An der Börse verlor die Aktie von Zurich im frühen Handel mehr als drei Prozent. Die Ereignisse lassen viele Fragen offen: Warum hat sich der Finanzvorstand das Leben genommen? Gibt es bei den Zurich-Geschäften ein Problem, von dem die Öffentlichkeit nichts weiß? Oder gab es berufliche Spannungen zwischen Wauthier und Ackermann?

Die Vorgänge sorgen in der Schweiz für Entsetzen. In der Öffentlichkeit wird über die psychischen Belastungen von Führungskräften diskutiert. Denn vor einem Monat starb mit Swisscom-Chef Carsten Schloter ein weiterer Topmanager durch Suizid. Schloter war bei seinen Mitarbeitern und bei den Konkurrenten beliebt. Auch die Geschäfte von Swisscom liefen hervorragend.

Der Umgang mit Alphatieren

Einem Bericht des Schweizer Magazins „Bilanz“ zufolge soll es zu Spannungen zwischen Schloter und dem Swisscom-Aufsichtsratspräsidenten Hansueli Loosli gekommen sein. Laut „Bilanz“ seien hier „zwei Alphatiere“ aufeinandergeprallt, „die beide nicht verstanden, wie der andere funktioniert“. Loosli soll selbst kleinste Details kontrolliert haben.

Dabei haben Suizide meist verschiedene Ursachen. Oft ist es ein Zusammenspiel von beruflicher Belastung und gesundheitlichen, privaten und psychischen Problemen. Schloter beispielsweise klagte in Interviews, es falle ihm schwer, zur Ruhe zu kommen. Es gelinge ihm selten, das Smartphone abzuschalten. Auch privat gab es Schwierigkeiten. „Ich lebe getrennt, sehe die Kinder alle zwei Wochen. Und das vermittelt mir immer wieder Schuldgefühle“, so Schloter. Von Swisscom sprach er als seinem „Zuhause“.

Suizide von Führungskräften sind keine Seltenheit. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Fälle bekannt. Das mag auf den ersten Blick paradox erscheinen: Denn Topmanager haben meist genug Geld, um den Job hinzuschmeißen. Warum wählen sie trotzdem den Freitod? Psychotherapeuten nennen Gedankenspiralen als Grund. Menschen, die in eine Depression geraten sind und sich in einem negativen und selbstquälerischen Gedankenkarussell befinden, können allein meist nicht mehr aussteigen.

Dazu ist eine professionelle Hilfe notwendig. Doch Manager weigern sich mitunter, einen Psychotherapeuten oder ein Kriseninterventionszentrum aufzusuchen, weil sie psychische Probleme als persönliche Schwäche oder als Führungsschwäche interpretieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2013)

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