Lunacek: „ÖVP dankt als Europapartei ab“

Lunacek: „ÖVP dankt als Europapartei ab“
Lunacek: „ÖVP dankt als Europapartei ab“(c) Die Presse (Fabian Hainzl)
  • Drucken

Ulrike Lunacek kritisiert im „Presse“-Gespräch die Forderungen von Staatssekretär Lopatka, manche Kompetenzen aus Brüssel abzuziehen.

Wien. EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek schüttelt entrüstet den Kopf. Für die Grüne klingen die jüngsten Forderungen von Europa-Staatssekretär Reinhold Lopatka, bestimmte EU-Kompetenzen zurück auf die nationalstaatliche Ebene zu holen, als „sollte das System der österreichischen Landeskaiser auf europäischer Ebene eingeführt werden“, Aber: „Diese Art Föderalismus brauchen wir in Europa nicht“, sagt sie im Gespräch mit der „Presse“ entschieden.

Gleich vorweg: Lunacek stimmt zu, dass man über „manche Punkte“ diskutieren könne, bei denen die Gefahr einer Überregulierung – Stichwort Olivenölkännchen oder Wasserversorgung – bestehe. In anderen Bereichen wie der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, die der Staatssekretär in einem „Presse“-Interview zur Diskussion gestellt hat, sei die europäische Zusammenarbeit dagegen unbedingt notwendig. „Die ausufernde Jugendarbeitslosigkeit ist das beste Beispiel dafür“, so Lunacek. „Wenn es nur noch bilaterale Vereinbarungen gibt, wozu haben wir dann einen gemeinsamen Binnenmarkt?“, gibt sie zu bedenken.

Auch in der Sozialpolitik seien gemeinsame, europaweite Mindeststandards wichtig – und zwar über Transferleistungen reicherer zu ärmeren Ländern. Dabei dürfe es aber nicht zu einer Nivellierung nach unten kommen, wie Lopatka dies für Nettozahler wie Österreich befürchtet.

Wie der ÖVP-Politiker tritt auch Lunacek für einen europäischen Konvent ein, der Anfang 2014 beginnen soll. Dabei soll es nach dem frommen Wunsch der Grünen aber ausschließlich um „ein Mehr an Europa“ gehen. Die Europaabgeordnete will sich dafür einsetzen, den Europäischen Rat abzuschaffen und eine zweite parlamentarische Kammer – ähnlich dem Senat in den USA – einzusetzen. Jedes der 28 Mitgliedsländer soll zwei gewählte Personen entsenden, die in Mehrheitsentscheidungen Beschlüsse fassen. Auch das EU-Parlament muss nach Ansicht Lunaceks gestärkt werden und ein Initiativrecht sowie mehr Mitspracherechte in wichtigen Bereichen wie der Außenpolitik erlangen.

„Das Positive an der EU wird versteckt“

Dass Außenminister Michael Spindelegger schon vor etwas mehr als einem Jahr ein Positionspapier mit ähnlich lautenden Forderungen unterzeichnet hat und auch Lopatka diese Pläne unterstützt, will Lunacek nicht gelten lassen. Mit seinen Forderungen schaffe er die falsche Stimmung: „Das Positive an der EU wird versteckt, wenn man diese Sprache führt“, kritisiert Lunacek. „Die ÖVP dankt als Europapartei ab.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Staatssekretär Reinhold Lopatka
Europa

ÖVP will die Macht der EU eindämmen

Nach David Cameron und Angela Merkel fordert auch Staatssekretär Reinhold Lopatka, dass Brüssel Befugnisse an Nationalstaaten zurückgibt.
PODIUMSDISKUSSION 'BIG DATA IN DER EU': KARAS
Europa

Karas: „Wien oder Brüssel ist nicht die Frage“

EU-Parlamentsvizepräsident Othmar Karas fordert eine Versachlichung der Debatte über Kompetenzverteilungen zwischen EU und Mitgliedstaaten.
Leitartikel

Weniger Europa wäre manchmal mehr

Die Europäische Union ist ein Organismus, der fast zwanghaft immer mehr Kompetenzen an sich rafft. Diese Organisationslogik zu durchbrechen wird schwer.
Lopatka: "Umweg über Brüssel nicht immer nötig"
Europa

Lopatka: "Umweg über Brüssel nicht immer nötig"

Staatssekretär Reinhold Lopatka fürchtet im "Presse"-Interview "Wahnsinnsbelastung" für Österreich.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.