Fakten-Check: Hypo-Desaster und keiner ist schuld

Fakten-Check: Hypo-Desaster und keiner ist schuld
Fakten-Check: Hypo-Desaster und keiner ist schuld(c) APA/GINDL / Monatge DiePresse.com
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Das Hypo-Desaster war ein zentrales Thema in den TV-Duellen. DiePresse.com hat Aussagen der Spitzenkandidaten unter die Lupe genommen.

Nach einer langen Zeit des Vertuschens und Schönredens ist es nun mehr oder weniger amtlich: Die Kärntner Hypo wird zum teuersten Finanzskandal in der Geschichte Österreichs. Viele Fragen bleiben aber weiter offen. Wer ist verantwortlich, war die Notverstaatlichung unumgänglich und wie viel bleibt an den Steuerzahlern hängen? In den ORF-TV-Duellen Faymann-Bucher und Spindelegger-Stronach am Dienstag war die Hypo daher ein zentrales Thema.

Behauptung: Kärntner Landespolitik ist schuld am Fiasko

An den Verlusten durch die Haftung Kärntens"ist nicht die Bundesregierung schuld, sondern eine unverantwortliche Politik der FPÖ in Kärnten", sagte SP-Bundeskanzler Werner Faymann im ORF-Duell gegen BZÖ-Chef Josef Bucher. Dieser konterte und bezeichnete diese Aussage als "die größte Lüge der Zweiten Republik". Hat der Kanzler recht oder nicht?

Dass die Hypo Alpe Adria nicht einfach in Konkurs geschickt werden kann, hat nur einen Grund: Die Ausfallshaftungen des Landes Kärnten. Unter FPÖ-Landeshauptmann Jörg Haider wurden diese von 4,9 Milliarden Euro im Jahr 2002 auf 20,7 Milliarden Euro im Jahr 2009 ausgeweitet. "Im Gegensatz zu den Märchen, die jetzt viele Beteiligte zu erzählen versuchen, lag diese Haftung (was man in den Geschäftsberichten nachlesen kann) nämlich immer beim Land Kärnten", schrieb dazu auch Josef Urschitz in einem Presse-Leitartikel.

Allerdings tragen auch die Landes-SPÖ und -ÖVP eine Mitschuld. FPÖ/BZÖ hatten in Kärnten nie eine absolute Mehrheit und brauchten immer einen Koalitionspartner. SPÖ und ÖVP waren abwechselnd willige Partner. Das umstrittene Haftungsgesetz mit unbegrenztem Rahmen wurde im Landtag gar einstimmig beschlossen.

Fakten-Check zum Hypo-Desaster
Fakten-Check zum Hypo-Desaster

Behauptung: Notverstaatlichung war nicht notwendig

"Als Bundeskanzler der Republik Österreich hätte ich es niemals zugelassen, dass ein Herr Pröll (der damalige VP-Vizekanzler und Finanzminister) dieses Milliardendesaster den Bayern abnimmt", sagte Bucher weiter. Anders als Bucher sah das Faymann: "Pröll hatte gar keine andere Möglichkeit, als diesen Fehler der 20-Milliarden-Haftung der FPÖ auszugleichen".

Der Wirtschaftswissenschafter Gottfried Haber von der Donau-Universität Krems erklärt: "Es hat wahrscheinlich kein Weg daran vorbeigeführt. Hätte man die Bank gleich in Konkurs gehen lassen, wäre ein Schaden von rund 25 bis 30 Milliarden Euro entstanden. Wer darauf sitzengeblieben wäre und in welchem Ausmaß lässt sich im Nachhinein schwer analysieren und das wären auch Fragen, die die Gerichte beschäftigt hätten. Aber zum Großteil wäre der österreichische Staat darauf sitzengeblieben."

3,7 Milliarden Euro habe die Bayerische Landesbank das Hypo-Debakel bisher gekostet, rechnete Haber in der ORF-ZIB2 vor. Um weitere vier Milliarden Euro werde gestritten. Weit darüber hinaus hätte man die Bayern aber nicht zur Kasse bitten können. Auf dem Restbetrag inklusive Einlagensicherungsausfall wäre die Republik sitzengeblieben, ist sich Haber sicher.

Fakten-Check zum HypoDesaster
Fakten-Check zum HypoDesaster

Behauptung: Am Steuerzahler bleibt nichts hängen

"Das darf nicht am Steuerzahler hängenbleiben", sagte VP-Vizekanzler Michael Spindelegger in seinem ORF-Duell mit Frank Stronach zu den nun drohenden Milliardenkosten für den Hypo-Finanzskandal.

3,1 Milliarden Euro Staatshilfe wurden zwischen 2008 und 2012 bereits geleistet. Und der Hypo-Vorstand rechnet laut Format allein für 2013 mit einem Verlust von mindestens 2,4 Milliarden, im schlimmsten Fall sogar 3,5 Milliarden Euro. Von 2013 bis 2017 wird zudem ein weiterer Kapitalbedarf von bis zu 5,4 Milliarden Euro befürchtet. In Summe drohen also Kosten von bis zu zwölf Milliarden Euro. Im Gegensatz dazu will die Regierung durch die Bankensteuer jährlich 625 Millionen Euro einnehmen. Ganz ohne Steuerzahler wird sich diese Rechnung also wohl nicht ausgehen.

IHS-Chef Christian Keuschnigg sieht daher kaum eine Alternative zu einem Sparpaket. Er nennt zwei Möglichkeiten: Entweder die Schulden steigen zu lassen oder eben ein neues Sparpaket. Denn die drohenden Hypo-Ausgaben seien in keinem Budget eingeplant. Und auch Bernhard Felderer, Chef des Staatsschuldenausschusses warnt: Sollten die marodesten Teile der Hypo nicht in eine "Bad Bank" ausgegliedert werden, drohe der gesamte zur Rettung nötige Betrag defizitwirksam zu werden.

Fakten-Check

Serie: Welchen Wahrheitsgehalt haben die Aussagen der Politiker im Nationalrats-Wahlkampf? DiePresse.com prüft im Fakten-Check laufend, ob aufgestellte Behauptungen sachlich richtig oder angestrebte Ziele realistisch zu erreichen sind.

(Red.)

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