Josef Buchers Glück und Elend: Als Partycrasher bei den Schwarzen

Josef Buchers Glück und Elend: Als Partycrasher bei den Schwarzen
Josef Buchers Glück und Elend: Als Partycrasher bei den Schwarzen(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Für den BZÖ-Obmann gibt es im bürgerlichen Umfeld Zuspruch, aber auch starke Zweifel, dass er Vorschläge umsetzen kann.

Poysdorf/Wien. „Es is a Jammer, i bin a Schwoaza. Aber mia g'fallt er.“ Der altgediente ÖVP-Funktionär aus Niederösterreich bringt das ganze Dilemma des Josef Bucher beim Bezirkswinzerfest in Poysdorf unweit der tschechischen Grenze auf den Punkt. Der Gastwirts- und Hotelierssohn aus dem Kärntner Friesach, der als BZÖ-Spitzenkandidat die „moderne Mitte“ propagiert, wird im tiefschwarzen niederösterreichischen Umfeld nicht als Fremdkörper betrachtet. Im Gegenteil: Ginge es nur nach den Ermunterungen durch eine Reihe von Festbesuchern, denen der Obmann der Orangen im Fernsehen „super gefallen“ hat, müsste sich der Oppositionspolitiker keine Sorgen um den Verbleib im Parlament machen.

Das liegt vielleicht auch daran, dass Bucher mit seiner Lederhose in das Bild der Gäste aus der Region passt, die sich großteils im Dirndl und im Trachtenanzug auf der „Gstetten“, dem zentralen Platz des Winzerfestes, drängeln. Landjugend, Kleinunternehmer, (Wein-)Bauern, Pensionisten: Bucher, begleitet von seiner Lebensgefährtin Simone Schwarz, hat keine Berührungsängste und die Niederösterreicher aus der Grenzregion nicht mit dem Kärntner.

Nur die Wahlbroschüren, die mit „Genug gezahlt“ für weniger Steuern und „weniger Ämter, mehr Unternehmen“ werben, die von Buchers Tross emsig auf den Heurigentischen verteilt werden, bleiben weitgehend unbeachtet. Es ist allerdings auch für Bucher nicht die Zeit, Anliegen seiner Partei unter die Leute zu bringen. Aber wenn Gesprächspartner ihren Ärger etwa über die Pläne der ÖVP zur Ausdehnung der maximalen Tagesarbeitszeit auf zwölf Stunden ausschütten, hakt Bucher bereitwillig ein. „Der Spindelegger und sein Zeitkonto . . .“, hebt eine erfahrene Bedienstete eines Pflegeheimes an. „Ich habe ja auch nicht verstanden, was er eigentlich will“, pflichtet der BZÖ-Chef bei. Im Pflegebereich arbeite das Personal ohnehin schon so viel, setzt die Heimmitarbeiterin fort: „Die sollten einmal in der Praxis sehen, was das heißt.“

Zum Leidwesen von Stronach verfolgt

Deswegen ist Bucher, der im Wahlkampf sonst vor allem auf mediale Auftritte setzt, da: Er versucht, mit solchen Terminen unzufriedene bürgerlich-schwarze Wähler auf sich als Alternative am 29. September aufmerksam zu machen. Das BZÖ hofft auf bürgerliche Protestwähler. Frank Stronach ist aber auch da im Weinviertel – zumindest wird Bucher öfter auf seinen Konkurrenten angesprochen. Jene, die das tun, bekunden zumindest hier ihr Unverständnis, dass ein 80-Jähriger noch kandidiert. Freude hat der BZÖ-Chef dennoch keine, wenn der Name Stronach fällt. Was er vom Team Stronach halte? „Nix“, lautet Buchers Antwort: „Es ist eine vorübergehende Zeiterscheinung.“

Viel lieber erzählt er jungen Burschen, dass er 2002 in die Politik gegangen sei, „weil mir die mittelständischen Betriebe zu wenig vertreten waren“. Oder er posiert mit älteren und jüngeren Frauen für ein Foto. „Ihr müassts eahm wählen auch, nicht nur fotografieren“, mahnt ein Trachtenanzugträger. Einer dämpft die Erwartungen für das BZÖ, als Bucher schon weg ist: „Zwischen so einem Fest und einer Wahl ist ein Unterschied.“

Mit ähnlicher Ausgangslage kämpft der BZÖ-Chef beim Erntedankfest des schwarzen Bauernbundes auf dem Wiener Heldenplatz. Hier gustiert bürgerlich-urbane Klientel bei Marchfeldgemüse und Mostviertler Birnenmost aus der „Genuss-Region Österreich“. Bucher mischt sich in Sichtweite der ÖVP-Spitzen mit Michael Spindelegger unter die Leute. „Alles Gute, hoffentlich wird's was“, ruft ein Mann mittleren Alters dem orangen „Partycrasher“ bei den Schwarzen nach. 50 Meter entfernt schmettert ÖVP-Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich ins Mikrofon: „Danke, dass Sie uns die Treue halten – den Bauern und Bäuerinnen.“

„Sie sind in der falschen Partei“

„Sehr sympathischer Mann“, bekommt Bucher von einer Dame an einem der Stehtische zu hören. Mit einer Spitalsbediensteten findet er zumindest Gemeinsamkeiten bei „Doppelgleisigkeiten“ im Gesundheitswesen. Ein ÖVP-Wirtschaftsbündler ist ganz auf einer Wellenlänge mit dem BZÖ-Festbesucher: Es wird über die hohen Lohnnebenkosten lamentiert, ehe der Mann resignierend feststellt: „Aber da werden wir nichts ändern können.“ Unverblümter sagt es ein anderer: „Sie sind in der falschen Partei, Sie können des net umsetzen.“ Trotzig antwortet der BZÖ-Obmann: „Wir sind dabei.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2013)

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