„Rechts- und Linksextremismus keine Gefahr für Demokratie“

Peter Gridling
Peter Gridling(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Rechtsextremismus stagnierte im Vorjahr, Linksextremismus stieg auf geringem Niveau an. Es gab 24 Verdachtsfälle von illegaler Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und: Wirtschaftsspionage wird in Österreich zu einem immer größeren Problem.

Wien/Schnegg. Was den Staat 2012 bedrohte, das hat das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) auf den 87 Seiten des aktuellen Verfassungsschutzberichts zusammengefasst. Das Fazit lautet, dass Extremismen aller Art derzeit „keine Gefahr für unsere Demokratie“ sind, so Peter Gridling, Direktor des BVT. Neben extremistischen Strömungen beschäftigten den Staatsschutz im Vorjahr jedoch auch andere Themen. Ein Überblick.

1. Rechts- und Linksextremismus stagnieren

Im Bereich Rechtsextremismus ist die Zahl der registrierten Anzeigen im Vorjahr leicht gefallen, nämlich von 963 auf 920. Die Zahl der Tathandlungen stieg jedoch, und zwar von 479 auf 519. Im Bereich Linksextremismus verzeichnete das BVT einen Zuwachs bei Anzeigen (198 nach 138 im Jahr 2011) und Tathandlungen (141/93). Allerdings auf deutlich niedrigerem Niveau (siehe dazu auch Grafik). In beiden Bereichen stieg die Aufklärungsquote durch Ermittlungen, bei rechtsextremen Tathandlungen von 50,3 auf 54,1 Prozent, im linksextremen Spektrum von 18,3 auf 26,2 Prozent.

2. Neue Gefahren durch islamistische Strömungen

Ein deutlich bedrohlicheres Bild zeichnet sich im Zusammenhang mit islamistisch-extremistischen Strömungen ab. Wie „ Die Presse“ berichtete, befinden sich derzeit zwischen 30 und 50 Österreicher in Syrien im Kampfeinsatz für al-Qaida-nahe Gruppen – einige von ihnen sind bereits wieder zurückgekehrt. Laut BVT-Direktor Gridling ist es jedoch schwer, diesen Personen die Beteiligung an terroristischen Aktivitäten im Ausland nachzuweisen (siehe auch oben stehenden Artikel).

3. Mehr Wirtschaftsspionage und eine angebliche NSA-Villa

Auch auf Spionage und Wirtschaftsspionage geht der aktuelle Verfassungsschutzbericht ein. Laut Konrad Kogler, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, seien vor allem heimische Technologieträger verstärkt davon betroffen. Man arbeite daher intensiv mit Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung sowie der FH Campus Wien zusammen, um Unternehmen und ihre Schlüsselpersonen dahingehend zu schulen, sich möglichst effizient gegen illegale Abschöpfung von Know-how zu wehren. Auch auf den angeblichen und medial kolportierten NSA-Horchposten in einer Währinger Villa ging das BVT ein. Nach derzeitigen Erkenntnissen handle es sich um eine Dienststelle des Open Source Centers der USA, die – ganz legal – öffentlich zugängliche Quellen auswerte.

4. Kein Zuwachs bei Anzeigen gegen militante Tierschützer

Über militante Tierschützer gibt der Verfassungsschutzbericht ebenfalls Auskunft. Wie 2011 gab es 16 Anzeigen, die meisten davon wegen Sachbeschädigung. Im Bericht ist auch von einer fundamentalen Änderung im Protestverhalten zu lesen. Anstatt sich wie bisher auf behördlich angemeldeten und damit legalen Kundgebungen zu äußern, suchen die Aktivisten verstärkt den Untergrund. Das bedeutet: Statt auf Demonstrationen setzen militante Tierschützer immer häufiger auf aktionistische Störaktionen. Auch die Konfrontationsbereitschaft der Aktivisten nimmt demnach zu.

5. Proliferation: Iran und Nordkorea als Zielländer

In Sachen illegaler Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen („Proliferation“) legte der Staatsschutz 2012 besonderes Augenmerk auf die Länder Nordkorea und Iran. So bearbeitete das BVT im Vorjahr 24 Verdachtsfälle, sechs mündeten in Ermittlungsverfahren mit der Staatsanwaltschaft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2013)

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