Was manwissen sollte: ein Schnellkurs in bajuwarischen Spezifika, kurz vor Wahl und Wiesn.
Weißwurstäquator Diese Kulturgrenze umschließt den Verbreitungsraum der blassgrauen Wurstspezialität. Man „zutzelt“ sie nicht im gesamten Landesgebiet, sondern nur in Altbayern südlich der Donau – wo Bayern so richtig bayerisch ist. Achtung: Wer nach dem Mittagsläuten noch „Weißwürscht“ isst, enttarnt sich als Ignorant. Die alte Hygieneregel hat zwar im Kühlschrankzeitalter ihren Sinn verloren, aber die Bayern geben Traditionen eben nicht leichtfertig auf.
Föhn Der warme Fallwind, der für blauen Himmel und Migräne sorgt, ist auch Österreichern vertraut. Bayern nutzen sein Auftreten vor allem dafür, ihrer sanft-pessimistischen Sicht des Weltgeschehens Gehör zu verschaffen: Sie granteln nach Herzenslust.
Wolpertinger Das mysteriöse Fabelwesen setzt sich aus mehreren Tieren zusammen. Es ist sehr scheu und wird selten gesichtet. In Gasthäusern kann man ausgestopfte Exemplare bestaunen. Laut Münchner Jagdmuseum ernährt sich der „Wolpi“ ausschließlich von „preußischen Weichschädeln“.
Multiple Verneinung Wer in einem Satz mit negierender Aussage die Verneinung nur ein einziges Mal einsetzt, dokumentiert damit, dass er vom bayerischen Sprachgebrauch rein gar nichts überhaupt nicht verstanden hat. Er sollte keinem echten Bayer besser niemals nie nicht gegenübertreten.
Lederhose Die meisten Lederhosen, die man auf dem Oktoberfest sieht, wurden in Osteuropa oder auf dem Balkan geschneidert. Das hindert bayerische Männer nicht daran, ihre textilen Regeln weiterhin rigoros einzuhalten. Auch beim Drumherum: Die hoffentlich kräftigen Wadeln zieren „Loferl“, die zweigeteilten Stutzen. Und die Füße stecken in Haferlschuhen.
Reinheitsgebot Wer jeden Tag ein anderes bayerisches Bier probiert, wäre in flotten elf Jahren fertig. Für alle 4000 Varianten gilt das Reinheitsgebot von 1516, die weltweit älteste noch gültige Bestimmung im Lebensmittelrecht. Es verspricht als Inhalt ausschließlich Hopfen, Hefe, Malz und Wasser – und keine sonstigen Zusatzstoffe!
Humor Die Bayern schätzen Stabilität und wählen immer dieselbe Partei. Da sie trotzdem ein Ventil für ihren Ärger brauchen, machen sie sich gern über Politiker lustig. Das begann mit dem „Simplicissimus“ und wird mit Gerhard Polt nicht enden. Ein Unikum aber ist Christian Ude: Der Münchner Bürgermeister tritt nicht nur als SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl auf, sondern auch als Kabarettist.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2013)