Der Wähler will nicht sediert werden

Die Bürger wünschen eine klare Positionierung bei Themen wie EU-Politik.

Wer den laufenden Nationalratswahlkampf als inhaltsleer bezeichnet, der darf zu Recht der Untertreibung bezichtigt werden. Komplexe Sachfragen sollen den potenziellen Wähler nicht überfordern, (nicht vorhandene) Strategien zur Bekämpfung von Fehlentwicklungen nicht zur Beunruhigung beitragen. Lieber langweilen die Spitzenkandidaten ihr Publikum daher in altbewährter „Mit mir wird (bleibt) alles besser“-Manier.

Besonders die völlige Ignoranz von EU-Themen ist, nur etwas mehr als ein halbes Jahr vor den Europawahlen im Mai, bemerkenswert. Die Vorzüge des gemeinsamen Projekts – bei allen vorhandenen Schwierigkeiten – offensiv herauszustreichen: ein absolutes Tabu. Sicherer scheint es da, das Thema zu umschiffen, bis am Ende keine klare Linie mehr erkennbar ist.

Die falsche Strategie, wie eine neue Umfrage deutlich macht. Denn die Position der Parteien in europapolitischen Fragen ist einer überwältigenden Mehrheit der Bürger für ihre Wahlentscheidung sehr wohl wichtig – und das meist im positiven Sinn: So wollen trotz Eurokrise 72 Prozent keine Gruppierung wählen, die die Gemeinschaftswährung per se ablehnt.

Die Parteien sollten sich deshalb eine ganz wesentliche Erkenntnis auf die Fahnen heften: Der mündige Bürger will nicht sediert werden, er verlangt nach klaren Ansagen – auch wenn die Wahrheit nicht immer angenehm ist.

anna.gabriel@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2013)

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