Federal Reserve: Der „Falke“ ist weg, die Märkte freut's

Federal Reserve Larry Summers
Federal Reserve Larry Summers (c) REUTERS (MOLLY RILEY)
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Larry Summers gibt auf und Janet Yellen rückt dem Fed-Chefsessel ein Stück näher. Aber zuerst muss Ben Bernanke die Geldweichen für die Zukunft stellen.

Wien. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Notenbankchef mit einem Wort die Märkte bewegt. Es kommt allerdings nicht alle Tage vor, dass einem Außenseiter für den bald neu zu besetzenden Posten des Fed-Chefs dasselbe gelingt. Larry Summers hat es aber doch geschafft. Am Montag. Mit einem Wort: „Nein.“

Vorgeschichte: Lawrence „Larry“ Summers sitzt seit vielen Jahren mit am Tisch der US-Eliten. Er war Finanzminister unter Präsident Bill Clinton und später der Direktor des Nationalen Wirtschaftsrats des aktuellen Präsidenten Barack Obama. Dieser hat am Montag Summers' Absage zur Kenntnis genommen. Sie erfolgte per Brief. Anders als Tim Geithner, auch ein Ex-Finanzminister, war Summers im Vorfeld seiner Absage durchaus als motiviert aufgefallen, den Fed-Posten zu übernehmen.

Er war sogar der einzige Kandidat, der sich selbst vorgeschlagen hat. An einem gesunden Selbstbewusstsein scheint es ihm also nicht zu mangeln. Trotz erklecklicher Unterstützung durch seine Freunde in den Medien musste „Larry“ nun aber doch klein beigeben.

Vogelkunde bei der Fed

Und die Märkte? Die freut die Nachricht. Denn mit Summers ist der letzte „moderate Falke“ aus dem Rennen. „Falken“ steht im Notenbanker-Sprech synonym für „Hardliner“ in der Geldpolitik. Ein echter „Falke“ war aber auch Summers nie. Egal: Sein Rücktritt von der Kandidatur bedeutet, dass nur noch echte „Tauben“ im Rennen sind – also Notenbanker mit Hang zu lockerer Geldpolitik. Und das ließ die Kurse am Montag in freudiger Erwartung steigen.

Janet Yellen, aktuell die Nummer zwei hinter Fed-Chef Ben Bernanke, gilt ohnehin seit jeher als Favoritin. Bernankes Amtszeit läuft im Jänner aus. US-Präsident Barack Obama bleiben nur noch wenige Wochen, um einen Kandidaten vorzuschlagen, damit dieser rechtzeitig vom Kongress bestätigt wird.

Und da lag auch Summers' Problem. Dem Vernehmen nach war US-Präsident Barack Obama sogar ziemlich angetan von dessen Bewerbung. Aber Summers war als Clintons Finanzminister maßgeblich beteiligt an der Deregulierung der Finanzmärkte, die heute von vielen als ein Hauptgrund für die Finanzkrise gesehen wird. Von vielen in der Demokratischen Partei vor allem. Deswegen kann der Demokrat Obama Summers nicht nominieren: dem linken Flügel der Partei ist er zu „beschädigt“.

Janet Yellen sieht auf den ersten Blick aus wie die perfekte Kandidatin. Und zwar nicht nur, weil sie eine Frau ist – und bei Amtsantritt die erste solche im Fed-Chefsessel wäre. Yellen hat (anders als Summers) praktisch ihr ganzes Berufsleben in der Fed verbracht. Das ist unter Notenbankern wichtig, sie bleiben gerne unter sich. Außerdem könnte sie als derzeitige Nummer zwei Bernankes das Krisenmanagement (und aus nichts anderem besteht Geldpolitik seit 2008) glaubhaft und nahtlos übernehmen. Bizarrerweise spricht aber ausgerechnet ihr wichtigstes Merkmal unter Umständen gegen Yellen: Da sie als „Taube“ gilt, könnte sie geneigt sein, die Geldversorgung allzu schnell allzu stark zu straffen, um ihre Entschlossenheit zu beweisen – was im aktuellen Umfeld eine Finanzkatastrophe auslösen könnte. Da sie aber die Entscheidungen ohnehin nicht allein treffen würde, ist diese Gefahr eher gering.

Außenseiter: Kohn und Fisher

Außerdem kann man durchaus sagen, dass die Rolle des Fed-Chefs überschätzt wird, was die Geldpolitik betrifft. So war (und ist) „Maestro“ Alan Greenspan ein Verfechter des Goldstandards, der allzu lockere Geldpolitik nicht erschwert sondern schlicht verhindert hat – aber in seiner Zeit als Fed-Chef wurde die Weltwirtschaft trotzdem mit billigem Geld überflutet.

Hatte Greenspan es sich anders überlegt – oder hatte er schlicht keine andere Wahl. Vieles spricht für Zweiteres. Die Weichen für den zukünftigen Kurs der Fed stellt ohnehin noch der aktuelle Chef: Ben Bernanke. Nach langem Hin und Her und einer Reihe von medialen „Testballons“ wird für diese Woche die definitive Ankündigung für den Anfang vom Ende der ultralockeren Geldpolitik der Fed erwartet. Das dürfte die Märkte dann wieder auf Talfahrt schicken – auch wenn die Wertpapierkäufe der Federal Reserve höchstens minimal reduziert werden dürften.

Nach Summers Ausscheiden dürften die Medien sich jetzt jedenfalls mit den übrig gebliebenen Kandidaten (neben Yellen) beschäftigen. Da wäre Donald Kohn, ein ehemaliger Fed-Vize unter Bernanke. Kohn unterscheidet sich aber in Sachen Geldpolitik kaum von Favoritin Yellen.

Als extremer Außenseiter ist auch Stanley Fisher noch im Rennen, bis vor Kurzem Chef der israelischen Zentralbank. Und dann bleibt noch Tim Geithner. Der will zwar nicht, aber am Ende entscheidet Obama.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2013)

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