Berlusconis letzter Kampf ums politische Überleben

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Der Senat stimmte über Ausschluss des Ex-Premiers ab. Der Cavaliere gibt sich überraschend zahm und will die Regierung vorerst nicht stürzen.

Den erneuten Schicksalstag seiner Polit-Karriere verbrachte Silvio Berlusconi am Mittwoch hinter fest verschlossenen Türen in seiner Villa – fern der Öffentlichkeit, im Kreise seiner engsten Vertrauten. Am Abend trat in Rom der zuständige Senatsausschuss zusammen, um abzustimmen, ob Senator Berlusconi nach seiner Verurteilung wegen Steuerbetrugs aus dem Parlament ausgeschlossen werden sollte. Im Ausschuss haben linksgerichtete Berlusconi-Gegner die Mehrheit.

Zur gleichen Stunde wandte sich Berlusconi in einer sechzehnminütigen Fernsehansprache an die Nation – und er scheint sich angesichts der Mehrheitsverhältnisse mit dem Unvermeidlichen arrangiert zu haben. „Man kann auch außerhalb des Senats Politik treiben. Es ist nicht das Mandat, das einen Leader ausmacht, sondern die öffentliche Zustimmung“. Berlusconi rief alle Bürger auf, sich „gegen die Bedrohung der Freiheit“ durch „politisierte Richter“, Bürokratie und Steuerlast zu engagieren, und sich an seiner – damit wohl neu gegründeten – einstigen Siegespartei „Forza Italia“ zu beteiligen. „Ich werde immer bei euch sein“, sagte Berlusconi, „ob aus dem Parlament ausgeschlossen oder nicht“. Immerhin können sich Regierung, Staatspräsident und EU beruhigt fühlen: Mit einem Ende der Koalition hat Berlusconi zur Abwechslung nicht gedroht.

Um 494 Millionen Euro ärmer

Hintergrund ist ein erst vergangenen Dezember beschlossenes Gesetz, das verurteilten Politikern einen Sitz im Parlament untersagt. Die Entscheidung über einen möglichen Ausschluss des Cavaliere muss noch vom Senatsplenum abgesegnet werden. Dieses Votum dürfte Mitte Oktober stattfinden.

Zur Erinnerung: Berlusconi war Anfang August wegen Steuerbetrugs bei Geschäften rund um seinen Mediaset-Konzern zu einer de facto einjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Ins Gefängnis muss er wegen seines Alters (76) nicht – ihm blüht Hausarrest oder ein verpflichtendes Sozialjahr. Mitglieder seiner Partei hatten wiederholt gedroht, ihre Minister aus der „Großen Koalition“ abzuziehen, sollte ihr Chef den Senatssitz verlieren.
So vergleichsweise zurückhaltend er sich am Mittwoch gab, in Wirklichkeit schäumt er vor Wut, wie Medien berichteten.

Auch aus einem anderen Grund: Der Multimilliardär ist über Nacht um 494,2 Millionen Euro ärmer geworden. Die Dachgesellschaft, in der er die wirtschaftlichen Aktivitäten seiner Familie bündelt (Fininvest), muss diesen Betrag an den unternehmerischen Langzeitrivalen Carlo De Benedetti zahlen. So entschied es das Kassationsgericht in letzter zivilrechtlicher Instanz. Die Richter zogen damit, nach 22 Jahren diverser Prozesse, die Konsequenz aus einem Strafverfahren, in dem Berlusconis Ex-Anwalt Cesare Previti verurteilt worden war, Berlusconis Auftrag einen Richter gekauft zu haben, um in einem verwickelten Erbenstreit das lukrative Mailänder Verlagshaus Mondadori übertragen zu bekommen.

Um Mondadori hatte sich auch De Benedetti beworben, auf dem Verhandlungsweg 1991 aber nur einen Teil erhalten: die Zeitungs- und Zeitschriftengruppe „L' Espresso“, deren Flaggschiff die linksliberale Tageszeitung „La Repubblica“ ist. Diese Teilung, bei der sich De Benedetti hintergangen fühlte, hatte Folgen: mit der Illustrierten „Espresso“ wurde „La Repubblica“ zur Speerspitze der medialen Anti-Berlusconi-Kampagnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2013)

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