Amoklauf: Waffen-Bunker wirft Fragen auf

Waffen und Gegenstände werfen Fragen auf
Waffen und Gegenstände werfen Fragen auf EPA (Landesdirektion NÖ)
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Alois H. steht offenbar im Verdacht, viele seiner Waffen bei Einbrüchen erbeutet zu haben. Im Keller seines Hauses hortete der mutmaßliche Wilderer und Vierfachmörder ein wahres Arsenal.

In einem Bunker im Keller des mutmaßlichen Vierfach-Mörders Alois H. in Großpriel bei Melk hat die Polizei am Mittwoch zahlreiche Langwaffen, Faustfeuerwaffen samt Munition, Jagdzubehör und unzählige Trophäen entdeckt. In Medienberichten vom Donnerstag ist von etwa 250 Waffen die Rede, die Polizei sprach am Mittwoch von einer Zahl im "dreistelligen Bereich". Diese Funde werfen die Frageauf, ob der 55-Jährige nicht noch mehr Verbrechen begangen haben könnte. Der niederösterreichische Polizeisprecher Johann Baumschlager meinte lediglich, dass "nach allen Seiten hin ermittelt wird".

Gleichzeitig steht der Transportunternehmer im Verdacht, "zurückliegende Einbrüche in Zusammenhang mit Diebstählen von Jagdwaffen und -zubehör, eine Vielzahl von Wildererangriffen sowie den tätlichen Angriff auf einen Jäger in Matzleinsdorf begangen zu haben", wie es in einer Aussendung der Polizei hieß. Mit dem "tätlichen Angriff" ist eine Messerattacke aus dem Jahr 2011 gemeint, die als Mordversuch gewertet wird. Die Zuordnung der Vielzahl an gefundenen Waffen, gestohlener Gegenstände und Trophäen zu einzelnen ungeklärten Straftaten ist im Gange. "Jede einzelne dieser Waffen gehört begutachtet", sagt Baumschlager. Außerdem werden im Landeskriminalamt Spuren verglichen und Schussbilder analysiert.

(c) APA/LPD NÖ

Verbindung zur Halali-Bande?

Der "Kurier" schreibt in seiner Donnerstagsausgabe von einem möglichen Zusammenhang mit den Taten der sogenannten "Halali-Bande". In Niederösterreich gebe es "acht ungeklärte Fälle von angezündeten Jagdhäusern mit einem Schaden von acht bis zehn Millionen Euro", bei denen es eine Verbindung zu Alois H. geben könnte. Aus den Gebäuden wurden vor den Brandstiftungen jeweils Jagdgewehre und Trophäen entwendet.

Gegenstände dieser Art fand man auch im Bunker von Alois H. Genannt wurden als besonders spektakuläre Taten, die der "Halali-Bande" zugerechnet werden, der Brand eines Jagdschlosses im Steinbachtal bei Göstling (Bezirk Scheibbs) im Winter 2002 und eine niedergebrannte Jagdvilla im Oktober 2004 in Gutenstein bei Wiener Neustadt.

Selbstmord gilt als sicher

Gesichert ist, dass der 55-jährigen Alois H. durch einen Kopfschuss gestorben ist. "Wir gehen derzeit davon aus, dass es Selbstmord war", sagte die Leiterin der Staatsanwaltschaft St. Pölten, Michaela Schnell, am Mittwochnachmittag. Die Ergebnisse des DNA-Vergleichs werden voraussichtlich erst in einigen Tagen vorliegen, doch die Ermittler gehen "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" davon aus, dass die verkohlte Leiche, die im Anwesen bei Melk am frühen Dienstagabend gefunden wurde, jene des Verdächtigen ist. Angehörige haben den Leichnam am Mittwoch auch identifiziert.

Chronologie der Ereignisse

Der als Wilderer verdächtigte Transportunternehmer hat am Dienstag drei Polizisten und einen Rotkreuz-Sanitäter erschossen. Davor wurde das Fahrzeug des 55-Jährigen, ein Toyota mit gestohlenen Kennzeichen, gefunden und daraufhin eine Straßensperre errichtet. Auslöser der Streifentätigkeit im Bezirk Lilienfeld waren Wildereien der vergangenen Jahre.

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Auf seiner Flucht verschanzte sich der 55-Jährige auf seinem Anwesen in Großpriel bei Melk, ein Großaufgebot von Einsatzkräften versuchte den Mann zum Aufgeben zu bringen. Bei dem Polizisten, dessen Leichnam auf dem Grundstück von Alois H. gefunden wurde, ist der Todeszeitpunkt noch unklar. Dienstagabend wurde der Bauernhof gestürmt, nach einer stundenlangen Durchsuchung des verwinkelten Gebäudes wurde die verbrannte Leiche des Mannes in einem Geheimbunker im Keller entdeckt.

Insgesamt standen 135 Beamte der Cobra und 200 Exekutivkräfte 24 Stunden lang im Einsatz. Dazu kamen noch rund 70 Mitarbeiter des Roten Kreuzes. Ein Polizist, der bei dem Einsatz verletzt wurde, befand sich am Mittwoch auf dem Weg der Besserung. Der Beamte wurde von Splittern einer zerschossenen Windschutzscheibe nur leicht verletzt, ist aber psychisch angeschlagen.

Polizeieinsatz wird untersucht

Der Polizeieinsatz soll nun evaluiert werden, kündigte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler, an. Man habe die Gefährlichkeit des Täters nicht unterschätzt. Da in der Gegend bereits ein Mordversuch auf einen Jäger verübt worden war, sei auf das Einsatzkommando Cobra zurückgegriffen worden. "Es hat sich gezeigt, dass diese Einschätzung richtig war." Einen Tag nach dem Tod ihres Kollegen hat am Mittwoch bei der Cobra "betroffene Stimmung" geherrscht, so der Sprecher des Einsatzkommandos Cobra (Eko Cobra), Detlev Polay.

Trauergottesdienst am 1. Oktober

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) traf am Mittwoch Angehörige der Opfer. Für die Hinterbliebenen gibt es psychologische und finanzielle Unterstützung. Für 1. Oktober lädt die Ministerin zu einem Trauergottesdienst in den Stephansdom ein. Die Messe wird abends (19.00 Uhr) von Kardinal Christoph Schönborn zelebriert. Die Einladung richtet sich an die Angehörigen, die Blaulichtorganisationen sowie die gesamte Staatsspitze.

(APA/Red.)

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