Die Fed stößt an die Grenzen des Machbaren

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stoesst Grenzen Machbaren(c) REUTERS (KEVIN LAMARQUE)
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Die Augen und Ohren waren in dieser Woche auf Ben Bernanke gerichtet. Der Fed-Chef steckt in der Zwickmühle: Stoppt er die Geldflut, riskiert er einen Crash. Stoppt er sie nicht, eine Blase. Eine Analyse.

Wien. Schocks wie dieser sehen auf den ersten Blick geradezu wünschenswert aus: An der Wall Street schießen die Kurse auf neue Rekordstände, dann schwappt die Euphorie auch auf Asien und Europa über. Sogar die zuletzt schwer angeschlagenen Emerging Markets erholen sich deutlich. „Die Märkte feiern Bernanke“ lautet das Motto dieser Tage. Doch was gibt es eigentlich zu feiern? Die wirtschaftliche Lage bleibt fragil bis schlecht. Europa kommt nur langsam voran, die US-Zahlen bleiben konstant hinter den Erwartungen zurück.

Doppeltes Dilemma

Und doch ist all das egal. Die Augen und Ohren waren in dieser Woche auf Ben Bernanke gerichtet, den Herrn des Dollars, den Ende des Jahres aus dem Amt scheidenden Fed-Chef. Und dieser lieferte den positiven Schock. Er hielt – entgegen allen Erwartungen – an Quantitative Easing im Vollumfang fest und wird weiter monatlich die erkleckliche Summe von 85 Mrd. Dollar in den Markt pumpen.

Das war der wahre Grund für die Euphorie auf den Märkten. Bernankes Botschaft: Die Geldschleusen bleiben weit geöffnet, die Musik spielt noch. Aber es war ein müde wirkender Fed-Chef, der den Journalisten diese Nichtentscheidung kommunizierte. Bernanke steckt jetzt in einem Dilemma.

Erstens wird er im Jänner nicht mehr im Chefsessel sitzen – die Chance, den Ausstieg aus der von ihm begonnenen extrem lockeren Geldpolitik (die auch als „Gelddrucken“ verspottet wird) selbst zu beginnen, scheint er vergeben zu haben. Das größere Dilemma für Bernanke betrifft aber diese Frage: Was kann die Fed jetzt überhaupt noch machen – außer immer mehr Geld in den Markt zu pumpen?

Kritische Beobachter sagen: Nicht viel. „Die Fed hat die Kontrolle über die Geldpolitik verloren“, schreibt Mike O'Rourke, Chefstratege bei Jones-Trading. Er sieht die Federal Reserve, die „Hüterin des Dollar“, in einer Zwickmühle: „Die Fed kann nicht aufhören, Assets zu kaufen. Das würde die Zinsen steigen lassen und die Erholung der Wirtschaft abwürgen.“ Die angesprochenen „Assets“ sind freilich jene Staatsanleihen und Immobilienpapiere, die die Fed mit den monatlich 85 Mrd. Dollar kauft: Um die US-Renditen zu drücken (damit die Regierung nicht in Geldprobleme kommt) und den Immobilienmarkt zu stützen (der sich auch fünf Jahre nach dem Platzen der Subprime-Blase noch immer nicht erholt hat).

Kommt die nächste Blase?

Kurz: Jeder Cent, den die Fed in diese Märkte steckt, ist ein Eingeständnis ökonomischer Schwäche, das lauter schreit als jede Pressekonferenz von Bernanke. Solange Quantitative Easing läuft, kann von einer nachhaltigen Erholung oder gar von Normalität keine Rede sein. Derartige Asset-Käufe gehören nicht etwa zum Standardarsenal einer Zentralbank – das wären die Zinsen. Die sind aber schon auf einem Rekordtief. Und da werden sie bleiben. Quantitative Easing, das ist die Bazooka.

Die zweite Seite der Zwickmühle: Billiges Zentralbankgeld führt zu Anlageblasen – zu Übertreibungen. Und extrem billiges Zentralbankgeld? Bernanke hat klargestellt, dass die Gefahr weiterer Blasen die Fed derzeit nicht beunruhigt. Aber wie und wann man das ganze billige Geld schlussendlich wieder absaugen wolle, sagt er nicht.

Das Problem hat auch eine politische Dimension: Ausgerechnet China ist der größte US-Gläubiger neben der Fed, der eigenen Notenbank. Und China hat die Abwertung des Dollar durch die lockere Geldpolitik schon mehrmals scharf kritisiert. Zuletzt ist die US-Währung gegenüber dem Euro auf ein Siebenmonatstief gefallen.

Und dann war da noch dieser hilflose Bernanke-Satz, der jedem Kenner von Arztserien die Panik in die Augen treiben sollte: „We continue to do the best we can.“

Auf einen Blick

Die Märkte waren zuerst von einer Drosselung der Fed-Geldpolitik ausgegangen – als diese dann ausblieb, stiegen die Kurse. Dabei war es ein Zeichen von Schwäche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2013)

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